Apochromatisches Triplett Objektiv: Warum Ölfügung?

Warum Ölfügung eines dreilinsigen Objektiv?

TEC 140 APO mit ölgefügtem Triplet-Objektiv - völlig reflexfrei!

Die ersten erfolgreichen Versuche zur Ölfügung eines dreilinsigen Objektivs werden Herrn Wolfgang Busch aus Ahrensburg zugeschrieben, der darüber noch zu DDR-Zeiten in regem Kontakt mit Carl Zeiss Jena stand. Bereits damals war die Technik den üblichen Fügemethoden wie Luftspalt oder Kittung weit überlegen. Jedoch ergab sich der Nachteil, dass das Fügemedium aufgrund unzureichender synthetischer Öle und vielen anderen Randbedingungen nicht im Fügespalt verblieb und die Optik unter Umständen ausfrieren oder austrocknen konnte. Ehe das erste APQ-Objektiv angeboten wurde, hatte Zeiss in Jena mehr als zehn Jahre lang an dieser Technologie geforscht, um diese grundlegende Problematik in den Griff zu bekommen. Und außer Zeiss hatten es nur die Firmen Astro-Physics und TEC geschafft, langzeitstabile Ölfügungen herzustellen. Es erfordert in der Tat einige Kunstgriffe, um das Öl (sofern man es noch so nennen kann) im Fügespalt zu halten - auch bei starken Temperaturwechseln und über sehr lange Zeit. Aber mit der notwendigen Handwerkskunst und Geduld gelingt dies ohne weiteres.

Dennoch hält sich erstaunlicherweise hartnäckig die Meinung, dass eine Ölfügung besonders alterungsanfällig sei. Das ist sicher alles wahr, wenn man die Technologie nicht beherrscht, aber dennoch wollen wir eine Auflistung der negativen und positiven Eigenschaften der Ölfügung anstellen, die unserer Ansicht nach für sich spricht.

Ölgefügte Objektive von TEC, Astro Physics und Baader:

  • müssen nicht mehr besonders vor Ölaustritt geschützt werden. Auch die waagerechte Lagerung stellt kein Problem dar. Einzig ein Temperaturschock ist zu vermeiden. Man trägt ein so wertvolles Gerät nicht einfach aus -25°C Kälte in ein warmes Wohnzimmer und verursacht einen Temperaturwechsel von 50 Grad im Objektiv. Temperaturwechsel bis 25° bleiben jedoch auch bei absoluten Langzeittests folgenlos. Wir verwenden in unserer Fertigung eine Tiefkühlkammer, um unsere Kuppelmaterialien, Elektromotore, Platinen - aber auch Objektive - bei Minustemperaturen bis -86°C auf Betriebssicherheit und einwandfreie Funktion im Extrembetrieb prüfen zu können. Ölaustritt ist eines der wenigen Probleme die bei Zeiss, bei Astro-Physics und bei TEC gelegentlich sowie auch bei unseren Objektiven vorkommen kann. Allerdings ausschließlich dann, wenn sie falsch behandelt worden sind. Bei uns arbeiten jedoch erfahrene Optiker mit mehrjähriger Ausbildung bei Carl Zeiss Jena. Seit zwanzig Jahren werden hier im Hause Objektive von Astro Physics/TEC und Zeiss neu gefügt - schnell und problemlos. Die Vorteile der Ölfügung überwiegen daher aus unserer Sicht bei weitem das eventuelle Risiko. Wir sind darauf eingerichtet diese Arbeiten auszuführen. Unser Betrieb existiert seit über 50 Jahren - nunmehr in der dritten Generation.
  • müssen in der Fassung "klappern"! Dies ist kein Nachteil oder Fehler. Das "Klappern" bezieht sich auf einen Spalt zwischen Vorschraubring und Linse im Bereich weniger Mikrometer, der dazu dient zu verhindern, dass auf die Fluorit-Mittellinse Druck ausgeübt wird und diese dadurch optische Einbußen erleidet, bzw. verspannt wird. Das Klappern kann mal mehr oder weniger hörbar sein. Bei unseren Fassungskonstruktionen kann dieses "Klappern" keinen Shift des Bildes auf dem Chip zur Folge haben. Es ist kontruktiv so vorgesehen und ausreichend eng toleriert, um selbst höchsten Anforderungen in der Astrofotografie gerecht zu werden.
  • sind hervorragend geeignet, um Sonnenbobachtung - auch bzw. besonders mit unserem keramischen Herschelprisma - zu betreiben. Die Ölfügung nimmt keinen Schaden und degradiert nicht durch lange Nutzung (= UV-Einstrahlung). Es ist kein "Öl" das wir verwenden. Carl Zeiss hatte ein Jahrzent an Entwicklungskosten in die Komposition des Fügemediums gesteckt, das heute in diese Objektive eingebaut ist - und hatte diese Objektive mit 30 Jahren Langzeitgarantie ausgestattet, die wir heute vertragsgemäß für Zeiss erfüllen.
  • temperieren dramatisch schneller aus als luftspaltgefügte Objektive. Jeder Luftspalt wirkt als Isolator und schirmt im Falle eines Triplets die Mittellinse beidseitig ab. Daher braucht ein luftspaltgefügtes Objektiv wesentlich länger, um das thermische Gleichgewicht zu erreichen, als ein kompakter Glasblock (= ein ölgefügtes Objektiv). Bei beständig wechselnder Temperatur wird ein Luftspalt-Objektiv nie seine volle Leistungsfähigkeit erreichen, weil die Linsenradien in ständiger Anpassung begriffen sind und nicht die Bedingungen der ursprünglichen Optikrechnung erfüllen. Was im Labor perfekt funktioniert hat, wird das am Himmel nicht tun. Ein ölgefügtes Objektiv ist dagegen fokusstabil und bestens für Langzeitbelichtungen geeignet.
  • sind wunderbar geschützt vor Pilzbefall und Alterung der inneren Glasflächen, weil sämtliche Innenflächen durch das Öl dauerhaft versiegelt sind. Ein luftspaltgefügtes Objektiv "atmet". Mit jedem Temperaturwechsel wird die zwischen den Linsen erwärmte Luft ausgepresst und später kühle Luft wieder angesaugt. Auf diese Weise sammeln sich im Laufe der Jahre zwischen den Linsen Feuchtigkeit und Keime an (Feuchtigkeit kann nämlich nicht mehr entweichen...). Daher ist die Vergütung der Innenflächen erheblicher Alterung ausgesetzt und kann - besonders bei falscher Lagerung - regelrecht vergammeln. Diese größte Gefahr für ein Objektiv ist bei einer Ölfügung auf Jahrzehnte vermieden.
  • haben drastisch höhere Transmission. An jedem Übergang des Lichtes von Luft zu Glas und von Glas zu Luft verliert das Licht an Intensität. Selbst durch aufwändigste Beschichtungen kann kein völlig verlustloser Übergang gewährleistet werden. Bei luftspaltgefügten Objektiven muss das Licht 6 Übergänge von einem Medium in das andere vollziehen. Bei ölgefügten Objektiven sind es derer nur zwei, jeweils bei Ein- und Austritt aus dem Glasblock. Anwendungstechnisch ist ein ölgefügtes Triplet daher als ein einziger Glasblock zu betrachten.
  • sind justagestabil und schockgeschützt - da nicht jede Linse aufwändig einzeln gehalten und justiert werden muss. Das Linsenpaket ist durch die starke Adhäsion des "Öls" fest miteinander verbunden und muss nur insgesamt vor seitlichem Verrutschen geschützt werden. Unsere temperaturkompensierende Fassungstechnologie ist in jahrelanger Erprobung ausgereift. Der bei Luftspalt-Objektiven gefürchtete Fokusshift (Änderung der Linsenradien und Änderung der Linsenabstände) tritt daher in viel geringerer Form und nur bei sehr starker Temperaturänderung auf.

Unser Fazit:

die Ölfügung ist die beste uns bekannte Methode zur Fassung von astronomischen Triplet-Objektiven - und zum verlässlichen Langzeitschutz der Innenflächen. Sie ist extrem aufwändig und erfordert große Materialkenntnis - der ursächliche Grund, warum diese Fügemethode nur noch von kleinen Manufakturen mit großer optischer Erfahrung und eigener Fertigung angeboten wird.

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