Im Leben eines Sternfreundes kommt wohl unweigerlich irgendwann der Moment, in dem man sich überlegt, ob man nicht eine eigene Sternwarte betreiben möchte. Sei es als feststehende Säule im Garten oder ein Schutzbau in Form einer Rolldachhütte oder eines Kuppelgebäudes im Garten. Doch selbst dort droht Ungemach: Gleißend helle Straßenbeleuchtung, die 24-Stunden LED-Beleuchtung in Nachbars Garten oder “Einbruch-Schutzbeleuchtung” mit Bewegungsmeldern, die auch bei vorbeifahrenden Autos oder nachtaktiven Kleintieren reagieren und die Umgebung hell erleuchten.
In einer solchen Situation bleibt oft nur noch der Rückzug auf das Dach des Hauses, was Vor- wie Nachteile mit sich bringt.

Eine große Herausforderung ist dabei häufig das Thema Baugenehmigung und der Zug durch die Ämter. Dazu gibt es auch in den einschlägigen Foren kaum Erfahrungsberichte, weshalb ich gerne meine Erfahrungen schildern möchte. Ein Kochrezept mit Geling-Garantie wird es wohl nicht geben. Gerne möchte ich jedoch mit meinen Erfahrungen andere Sternfreunde ermutigen, diesen Schritt zu wagen!
Man nehme: sich als erstes viel Zeit!

Auf folgendem Blog finden Sie das "Bautagebuch" meiner Sternwarte:
https://astrohd.de
Der Bau der Sternwarte war für mich überhaupt der Grund, den Blog zu starten, da ich bei meiner damaligen Recherche über Dachsternwarten kaum Informationen (weder online noch offline) finden konnte. Diese Lücke im Netz wollte ich mit meinem Blog schließenIn der Zeitschrift SuW hatte ich ebenfalls einen Baubericht zur Sternwarte veröffentlicht, SUW Ausgabe 05/16 ab Seite 74.
Ein weiterer zur Baugenehmigung im VDS Journal Nr. 55 ab Seite 122.

Bevor man zu irgendeinem Amt geht, sollte man sich über verschiedene Aspekte im klaren sein. Dies kann unnötige Arbeit und vergeudetes Geld ersparen:

  • Gründliche Prüfung: Muss ich wirklich aufs Hausdach ausweichen?
    Denn so gut wie jede andere Alternative dürfte schneller und günstiger realisierbar sein.
  • Ist die Situation (Sicht, Lichtverschmutzung) dort wirklich besser?
    Nichts wäre ärgerlicher als nach der Fertigstellung feststellen zu müssen, die ursächlichen Störeinflüsse sind dort oben auch nicht vermeidbar.
  • Wäre eine Sternwarte auf dem Dach statisch realisierbar?
    Das muss am Anfang keine detaillierte Berechnung sein, denn die wird ohnehin später von einem Profi notwendig werden. Aber eine augenscheinliche Einschätzung der Situation vor Ort hilft, sich auch über Größe der Warte aber auch der möglichen Instrumentierung bewusst zu werden.
  • Wie haben andere Sternfreunde eine Dachsternwarte realisiert?
    An Beispielen habe ich am meisten gelernt. Dazu habe ich seit Anfang 2013 Kontakt zu anderen Sternfreunden aufgenommen und bin nicht nur durch den Stuttgarter Raum, sondern auch bis nach Hannover gefahren, um einfach Erfahrungen zu sammeln. Hier haben mir im Web verfügbare Referenzen aus dem Amateurbereich sehr geholfen.
  • Wie reagieren die Nachbarn auf diese Idee?
    Bei einem Bauantrag, vor allem wenn er etwas außergewöhnlich ist, werden meist von Amts wegen die Nachbarn befragt. Deshalb habe ich vorher mit allen meinen Nachbarn gesprochen, ihnen erklärt, welches schöne Hobby ich betreibe und was ich deshalb auf meinem Dach vorhabe. So war schnell klar, dass die Wahrscheinlichkeit eines Einspruchs von Seiten der Nachbarn auf einen Bauantrag eher gering sein wird.

Nach der Phase der intensiven Evaluierung ging es dann im nächsten Schritt um das Sammeln von Detailinformationen.

  • Welche Art von Bauantrag muss gestellt werden?
    Dies ist von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich, deshalb bleibt hier nur der Gang zum Bauamt.
  • Kann und will ich den Bau der Sternwarte selbst übernehmen oder beauftrage ich Unternehmen?
    Auch wenn ich handwerklich begabt bin und mir vieles beim Hausbau selbst zutraue, so haben mich folgende Gründe doch dazu bewogen, diese Arbeit von Profis durchführen zu lassen:

    1. Für den Bauantrag benötige ich ohnehin einen vorlageberechtigten Fachmann, der genehmigungsfähige Baupläne erstellt.
    2. Mit einer Dachöffnung geht man immer einige Risiken ein in Bezug auf Wärmedämmung und Dichtigkeit. Ich wollte auf keinen Fall, dass ich mir selbst durch mangelnde Erfahrung eine Kältebrücke oder gar ein “Wasserloch” ins Haus hole und ich dann in einer “Tropfsteinhöhle” wohne, wenn auch mit einer Sternwarte auf dem Dach.
    3. Eine Kuppel ist nie absolut wind- und wasserdicht. Deshalb wollte ich eine professionell gefertigte Kuppel auf mein Dach setzen, damit das Wasser möglichst perfekt draußen gehalten wird. Das Team von Baader-Planetarium half mir vorab bei der Planung und von der Umsetzung auf meinem Dach war ich restlos begeistert. Ich hätte nie gedacht, an wie vielen Stellen geklebt, isoliert und abgedichtet werden muss, um eine wirklich wasserdichte Kumpelkonstruktion auf das Dach zu bekommen.
  • Wie wird “das Amt” auf einen solchen Bauantrag reagieren?
    Eine Sternwarte auf dem Dach fällt völlig aus dem Rahmen, was die sonst üblichen Baugesuche angeht. So gut wie alle Vorschriften werden damit missachtet, weshalb wirklich kaum eine Vorhersage möglich ist, wie die Entscheidung ausfällt. Doch hinter “dem Amt” stecken auch Menschen, vielleicht sogar Nachbarn oder Bekannte. Und wenn es noch keine Bekannte sind, kann man die Bekanntschaft doch leicht herstellen! So bin ich zum Bauamtsleiter unserer Gemeinde gegangen und habe ihn bei einem Termin um Rat gefragt. Mit dabei hatte ich schonmal eine Skizze des Bauplans, eine Ansicht des Hauses mit der geplanten Kuppel sowie einige Astrofotos.

So erfuhr ich schnell, dass man beim Bauantrag am besten von der “Errichtung einer Dachgaube” sprechen sollte, so kann gleich der richtige Freigabeprozess angestoßen werden. Da die Dachgaube sehr hoch im Dach sitzen und die Kuppel sogar über den Dachfirst ragen würde, war sofort klar, dass es eine Sondergenehmigung geben musste. Der Bauamtsleiter war jedoch durchaus positiv eingestellt, wohl auch weil er ganz verwundert war, welche Bilder von unserem Ort aus möglich sind (ein Saturn oder ein Orionnebel beeindrucken da durchaus). Einige Tage später erhielt ich die Nachricht: Das Landratsamt hat grundsätzlich keine Bedenken und ich könne nun mit zwei Schritten parallel weitermachen:

  1. Eine Bauvoranfrage zur Diskussion im Gemeinderat an die Gemeinde stellen.
  2. Die Formulare für den Bauantrag ausfüllen und geeignete Pläne zur Vorlage erstellen (lassen).

An dieser Stelle zahlte sich aus, dass ich meine Hausaufgaben bereits vorher gemacht hatte: Da ich bereits wusste, welche Unternehmen die Bauausführung übernehmen würden, konnte ich weite Teile der Formulare auf Anhieb ausfüllen und vom Bauleiter unterschreiben lassen. Ebenso konnten die Bauzeichnungen und -pläne nach amtlichen Vorgaben schnell erstellt werden, da der Bauleiter ja bereits wusste, um was es sich bei diesem Vorhaben handelt.

Die Bauvoranfrage erhielt einige Wochen später im Gemeinderat grünes Licht und so konnte ich Anfang September 2013 meinen Bauantrag stellen. Erst zu diesem Zeitpunkt habe ich also einen Prozess angestoßen, der später zu Kosten in Form der amtlichen Gebühren für die Baugenehmigung führen würde.

Nach einiger Zeit des Wartens und der Nachlieferung von weiterführenden Dokumenten erhieltich im Dezember mein verfrühtes Weihnachtsgeschenk vom Landratsamt in Form der Baugenehmigung!
Damit war der Ämter-Marathon überstanden und ich konnte meine Kuppel bei Baader-Planetarium bestellen. Am 29.09.2014 wurde die Baustelle auf meinem Dach plangemäß eingerichtet und der Bau der Dachsternwarte konnte starten. Nach Erstellung der Dachgaube als Unterkonstruktion konnte das Baader-Team am 6. und 7. Oktober 2014, innerhalb von eineinhalb Tagen die Kuppel vor Ort montieren und auf das Dach meiner Sternwarte setzen. Seitdem genieße ich so gut wie jede sternklare Minute, da meine Sternwarte jederzeit und auch ferngesteuert bereit zur nächsten Beobachtung oder zum Fotografieren ist.