Warum ist der Neodymium nur 1mm dick?

Kundenfrage:

Warum ist der Neodymium nur 1mm dick?
Das Problem liegt a) bei der Fokussierung und (viel schlimmer) b) beim Backfokus, weil bei mir der Filter zwischen Komakorrektor und Sensor steckt.
Wird es da bei den neu angekündigten CMOS-Filtern Abhilfe geben? Oder haben Sie bereits eine Alternative (ich habe ein 8" F4)?
Danke für die Info!

M13, aufgenommen mit RASA 8" und QHY 294C (mit FCCT) sowie Baader Neodymium-Filter 10x120s
© Christoph Kaltseis, 2021

Antwort: der Neodymium (Mond-& Skyglow)-Filter (verschiedene Versionen / Varianten erhältlich) ist in erster Linie ein Absorptionsfilter (so wie auch der Semi-Apo-Filter), welcher Lichtverschmutzung dadurch mindert dass insbesonders lichtverschmutzte Teile des Spektrums von den Neodymium-Ionen in der Glasschmelze absorbiert werden. Zusätzlich (und im Gegensatz zu allen Kopien die mittlerweile angeboten werden) hat er die dielektrische Beschichtung des L-Filters (= UV/IR-Blockfilters), wodurch ausserhalb des fotografisch wichtigen Spektralbereiches von 400 bis 700 nm kein Falschlicht auf den Chip gelangt für das die Teleskopoptik in den allermeisten Fällen nicht korrigiert ist. Das Ergebnis sind bei Deep-Sky-Aufnahmen ziemlich genau halb so grosse Sterne wie ohne Filterung.
Gleichzeitig bietet diese aufwendige Filterkonstruktion zusätzlich die Unterdrückung/Minderung, sowohl des Skyglow von altbekannten Straßenlampen (Quecksilber- und Sodium-Dampflampen), sondern auch der immer dramatischer störendere tiefblaue Skyglow der durch die Primäremission von modernen LED-KFZ und Strassenlampen verursacht wird. Das macht den Baader Neodymium (Mond&Skyglowfilter) zu einem hervorragendem Allrounder-Filter sowohl für visuelle als auch für fotografische Anwendung.

Der Nachteil liegt in der Tat in der Notwendigkeit begründet, die Substratstärke auf 1 mm zu reduzieren. Wer den Neodymiumfilter fotografisch einsetzen möchte sollte dies nicht in Kombination mit anderen Filtern tun, sondern nur den Neodymiumfilter als in sich kombinierten Anti-Lichtverschmutzungs und L-Filter bei CMOS-Farbkameras verwenden! Man benötigt sodann für Farbkameras keine zusätzlichen Deep-Sky-filter!

Viele Anbieter beachten diese Notwendigkeit der Dickenreduktion des Neodymiumglases nicht. Als Ergebnis steigen die Belichtungszeiten unnötig an und das fertige Bild (aber auch der Seheindruck) verliert an Brillanz und wird als trübe und uninteressant empfunden, eben weil zuviele Neodymiumionen bei der doppelten Glasstärke von 2 mm vorhanden sind und insgesamt sowohl erwünschte als auch unerwünschte Photonen "verschlucken". Bei Vergleichstests verschiedener - als Mond&Skyglow angebotener - Kopien können Sie den Unterschied deutlich feststellen.

Die Nutzung der selektiven Absorptionseigenschaften des Elements Neodymium (übrigens erstmals von Carl Zeiss als Kontrastverstärkungsmittel für die Fotografie angewendet) bringt fotografisch einen Zusatznutzen der zumeist gar nicht erwähnt wird. Es entstehen auch an hellsten Sternen KEINERLEI Halos und der natürliche Eindruck des Himmelshintergrundes bleibt vollständig erhalten. Bei vielen andern sog. "L-enhanced-Filtern werden im Gegenteil dazu die Sterne sämtlichst "schmutzig" verfärbt, der Himmelshintergrund erscheint in unnatürlich wirkenden "Knallfarben" und Halos "prägen das Bild".

Abschließend zu Ihrer Frage betreffen den CMOS-optimierten Filtern:
Dies sind rein dielektrisch beschichtete Interferenzfilter auf feinoptischem, hochhomogenem Glas, ohne jegliche Farbgläser! Sie werden in den Standarddicken unserer anderen Interferenzfilter hergestellt und sind für alle monochromatischen CMOS-Chips das geeignete Mittel, um Lichtverschmutzung sogar aus der Mitte von Städten heraus höchsteffektiv zu unterdrücken, da sie ALLES Licht - mit Ausnahme der Emissionswellenlänge eines Deep-Sky-Nebels - komplett blocken. Dies allerdings zu einem dramatisch höheren Preis als ein relativ simples Absorptionsglas.

Für Beginner mit Farb-CMOS-Kameras gehört der Baader-Neodymiumfilter daher zum preiswerten Standardzubehör, um einen natürlichen Himmelseindruck mit scharfen Sternen zu gewährleisten.

2 Gedanken zu „Warum ist der Neodymium nur 1mm dick?“

  • Ralph Finke
    Ralph Finke 11. Mai 2021 um 15:00

    OK, vielen Dank für die schnelle Antwort.
    Ich habe verstanden, dass es auch in der neuen CMOS Reihe keinen Neodymium Filter in 2mm geben kann.
    Was wäre denn Ihre vergleichbare Empfehlung statt des Neodymium, für die "Stadtlicht Astrofotografie"... Ohne gleich in Richtung Schmalband zu gehen und vielleicht auch ohne Halos...

    Viele Grüße,
    Ralph Finke

    Antworten
    • Team Baader Planetarium
      Team Baader Planetarium 11. Mai 2021 um 15:23

      Wir planen im Herbst unsere bis dahin etablierte CMOS-optimierte Filterfamilie um einen UHC-L Filter zu erweitern. Dieser sollte für Stadtlicht-Astrofotografie eine deutliche Verbesserung bringen.

      Antworten
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