Highspeed-Filter – Warum verschiedene Öffnungsverhältnisse spezielle Filter benötigen

Wir haben folgende Frage auf Englisch zu unseren Schmalband- (und f/2 Highspeed-) Filtern erhalten (hier der Link zur Originalen Englischen Frage und Antwort):

Ich verstehe, dass Schmalbandfilter bei schräg einfallenden Lichtstrahlen Verschiebungen des Durchlassbandes erleiden. Sind sie deshalb gut für ein bestimmtes f-Verhältnis und warum bieten Sie verschiedene Filter für schnelle Optiken an (wie funktionieren sie? Sind sie tatsächlich so abgestimmt, dass sie den richtigen Pass in einem anderen durchschnittlichen Winkel haben?)? Ich möchte fragen, ob dies zusätzlich vom Sichtfeld der Optik abhängt? Ich würde das erwarten, da der Winkel bei Weitwinkelaufnahmen mit gleichem f-Verhältnis größer sein sollte? Sind also alle Filter für den Einsatz mit Teleskopen geeignet oder können sie auch mit kürzeren Brennweiten, z.B. Kameralinsen, verwendet werden?

Da diese Frage auch für viele andere Leute von besonderem Interesse ist, möchten wir sie öffentlich beantworten. Hier unsere Antwort:

Im Allgemeinen ist das, was Sie annehmen, richtig – aber – "der Teufel steckt im Detail".

Bei einem Öffnungsverhältnis von f/2 müsste die Filterdesign-CWL (Central Wavelength – Zentrale Wellenlänge) eine Verschiebung erfahren, um den großen Öffnungswinkel der einfallenden Wellenfront zu kompensieren. Das Problem hierbei ist: auch wenn man das Beschichtungsdesign für beide Seiten des Substrats für einen großen Einfallswinkel optimiert, kommen gleichzeitig auch Bildinformationen im Null-Grad-Winkel - bzw. in allen Winkeln dazwischen - auf den Chip. Das würde im Wesentlichen bedeuten, dass kein Shift erlaubt sein sollte. Ein Filter, das einen so weiten Öffnungswinkel abdecken soll, muss diese widersprüchlichen Anforderungen erfüllen. Daher ist es niemandem sonst gelungen, f/2-Filter herzustellen, die nicht unter starkem Bildkontrastverlust und Vignettierungseffekten leiden würden, entweder in den Ecken des Feldes, oder in der Mitte. Diese Beschichtungsvorgänge richtig durchzuführen, ist heute die schwierigste Aufgabe in der Filterbeschichtungstechnik.

CMOS-optimierte f/2 Ultra-Highspeed-Filter in den Größen 1¼", 31 mm, 36 mm, 2", 50.4 mm, 50x50 mm, 65 x 65 mm

Die praktische Fertigung dieser Filter ist alles andere als trivial. Es hat uns rund drei Jahre und zahlreiche erfolglose Beschichtungsläufe gekostet, um die CMOS-optimierten f/2-Highspeedfilter endlich mit gleichbleibend hoher Qualität herstellen zu können. Im Wesentlichen fertigen wir nun ein viel aufwändigeres und kritischeres Filterdesign mit sehr steilen Flanken auf beiden Seiten des Spektralfensters – also mit noch besserem Kontrast und kleineren Sternen.

Wir sind der Meinung, dass auch unsere Konkurrenz diesen Teufelskreis aus unzähligen Versuchen noch durchlaufen muss. Wir danken allen unseren Kunden, die mit uns gewartet haben, bis wir die Filter in der gewünschten Qualität anbieten konnten. Nun steht der monochromen Bildgewinnung mit Ihren Primärfokus- (vor allem Celestron RASA) Optiken nichts mehr im Weg.

Sh2-308, aufgenommen mit Baader H-alpha und O-III ULTRA-Highspeed Filtern
© Andreas Bringmann

Beide Familien unserer f/2 Highspeed-Filter mit 6,5nm bzw. Ultra-Highspeed-Filter mit 3.5 / 4nm sind für den Einsatz in einem Öffnungsverhältnisbereich von f/3,4 bis f/1,8 konzipiert und exklusiv gefertigt. Sie sind NICHT dazu bestimmt, darüber hinaus zu arbeiten, z.B. von f/4 bis f/10. An diesen Optiken liefern die "klassischen" Narrowbandfilter sichtbar bessere Ergebnisse.

Diejenigen, die unsere neuen f/2-Highspeed-Filter ausprobieren werden, können ähnliche Bilder erzielen wie das links abgebildete von Andreas Bringmann (Astrobin: Equinoxx). Dies ist entstanden mit den neuesten Prototypen unserer neuen Generation von f/2-Filtern – in Verbindung mit einem gewöhnlichen Hyperstar-Celestron 11 Edge-HD OTA).

Über die Produktion von Baader Filtern

Die Herstellung von Filtern, die nur für einen definierten und recht engen Bereich von Einfallswinkeln (bestimmt durch das Öffnungsverhältnis) eingesetzt werden, ist wirklich sinnvoll. Die meisten Anwender würden nicht bemerken, dass Unterschiede im Signal/Rauschverhältnis bei Verwendung verschiedener Teleskope durch ungeeignete Filter verursacht werden. Jeder wird feststellen, dass die Belichtungszeit stark variiert, je nachdem, welches Teleskop er verwendet. In den meisten Fällen werden unterschiedliche Belichtungszeiten (stacking) zur Erzielung eines ähnlichen S/N-Verhältnisses auf eine größere oder kleinere Teleskopöffnung zurückgeführt, nicht aber auf die Unterschiede im Öffnungsverhältnis. So bleibt der Rückgang der Filtertransmission oft unbemerkt. Tatsache ist, dass ein Filter, das für den Einsatz bei f/10 ausgelegt ist, bei, schnelleren Systemen in der Transmission allmählich abfällt. Bei f/4 kann die Transmission konkurrierender Filter nur noch 60% betragen, verglichen mit bis zu 95% bei f/10. Um dies so gut wie möglich zu verbessern, verwenden wir sehr aufwendige Beschichtungsvorgänge und vor allem sehr teure "Rare Earth" Beschichtungsmaterialien – mit einer großen Anzahl von Schichten auf beiden Seiten des Filtersubstrats.

Ein Stapel aus Vergütungsschichten (je nach Komplexität bis zu 60 Beschichtungslagen) hat eine erhebliche Dicke und vor allem einen anderen Expansionskoeffizienten als das Trägerglas. Wenn dieser Schichtstapel an den Rändern aufgeschnitten wird, dann trennt sich mit der Zeit der ganze Schichtstapel vom Trägerglas. Baader Planetarium lässt dagegen die Beschichtung zum Rand hin auslaufen.

Dadurch ist zwar der äußerste Rand (0,5 mm) nicht für die Filterung verwendbar - aber dafür ist der Vergütungsrand dauerhaft versiegelt.

Die vielen auf unseren Filtersubstraten aufgebrachten harten und kratzfesten Beschichtungslagen machen es notwendig, die Beschichtungskanten vor dem Ablösen und vor Alterung zu versiegeln. Und diese zusätzliche Sorgfalt gegen das Altern wenden wir in unseren Produktionsprozess stets an – wie wir es seit Jahren erklären Im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern werden unsere Filter für jede von uns angebotene Filtergröße als individuelles Substrat beschichtet. Wir gehen NICHT den Weg der wirtschaftlichen Optimierung und beschichten große Platten und schneiden die Filter nach Bedarf in den jeweils gewünschten Durchmessern oder Größen aus diesen Platten aus. Wir konnten dies nicht riskieren, da sich sonst unsere dicken Beschichtungsstapel vom Substrat lösen würden, wenn die Beschichtung zusammen mit dem Substrat so brutal durchgeschnitten wird. All die Jahre haben wir geprüft, ob wir mit diesem Weg richtig liegen. Betrachtet man den Schichtaufbau eines aus einer größeren Platte ausgeschnittenen Filters eines Mitbewerbers, so wird deutlich, dass die Beschichtungen von der Seite altern, während unsere Beschichtungen rund um die Filterkanten allzeit versiegelt und alterungsgeschützt bleiben (siehe Bild rechts). Wir haben dies nun deutlich hervorgehoben, in Form einer "Limited-Lifetime" Garantie für alle CMOS-optimierten Baader Filter: Life-Coat™

Testbericht: Vergleich zwischen Baader U-Filter (links) und dem ähnlichen Filter eines Mitbewerbers. © Dr. Klaus Schmitt

Viele Fernost-Unternehmen beginnen derzeit, Filter zu wunderbaren Preisen anzubieten. Aber sobald man einmal ins Detail geht, wird man feststellen, dass ihre Beschichtungsdesigns unter schweren Mängeln leiden (siehe dazu z.B. den Testbericht auf uvir.eu). Meist wegen völlig ungenügendem Off-Band-Blocking, welches zu einer ungenügenden Farbtrennung und zu enormen Kontrastverlust führt (siehe auch folgenden Artikel auf Cloudy Nights). Gleichzeitig führt dies zu einem starken Transmissionsabfall – immer dann, wenn der Filter mit einem anderem als dem konstruktiven Design Öffnungsverhältnis arbeiten soll – ganz zu schweigen von der Tatsache dass höchst unterschiedliche Anwendungstemperaturen vorliegen können! Regelmäßig werden Filterdesigns unter der Annahme gerechnet, dass der Einsatz dieser Filter – ebenso wie die Prüfung der Filterspezifikationen – im Labor erfolgt. Astronomische Schmalbandfilter werden jedoch relativ selten unter Laborbedingungen eingesetzt. Wenn also jemand unsere Filter im Labor misst, könnte er fälschlicherweise annehmen, dass der Filter die Transmissionswerte nicht erreicht, die er für seine eigenen, nach Laborbedingungen entwickelten, Filter gemessen hat. Wir haben uns bemüht, Beschichtungsdesigns zu entwickeln, die von -30°C bis +30°C mit einem absoluten Minimum an Shift arbeiten. Das Geheimnis liegt in der Tat in den Beschichtungsmaterialien – je teurer diese sind und je mehr Beschichtungslagen in ein Filterdesign eingerechnet werden, desto besser kann die Temperaturverschiebung sowie die Winkelverschiebung unter Kontrolle gebracht werden. Daher ist es unser oberstes Ziel, eine gleichmäßige Transmissionsleistung und ein gutes S/N-Verhältnis über einen weiten Bereich von Betriebstemperaturen und f/ Verhältnissen zu erreichen

Beachten Sie das ungeeignete Off-Band -Blocking des gemessenen Filters. Dies ist ein Beweis, dass die Kritik auf CN zur ungenügenden Farbtrennung korrekt ist. Bild: © Teleskop-Austria.at

Um dies zu gewährleisten prüfen wir jeden einzelnen Filter, bevor er unser Haus verlässt – unter anderem mit einem professionellen Echelle-Spektrographen mit ThAr-Kalibrierung und folglich mit ca.100-fach besserer Auflösung als die einfachen Spektral-Imager zu Schulzwecken, die zu günstigen Preisen angeboten werden und die in letzter Zeit von einigen Unternehmen genutzt werden, um einen eigenen kostenpflichtigen "Filterinspektionsservice" anzubieten (zu finden z.B. unter teleskop-austria.at).

Die Fülle des Wissens um Filterdesigns, das wir in den letzten 20 Jahren erworben haben, ist fast "too much information". Wir könnten bei der Preisgestaltung wesentlich wettbewerbsfähiger mit vielen neuen Mitbewerbern sein, wenn wir einfach billigere Materialien für die Vakuumbeschichtung wählen würden, weniger hochwertige Beschichtungsmaschinen mit weniger genauen Schichtüberwachungseinrichtungen während des Beschichtungsprozesses verwenden würden – und ein viel schlechteres, ungeprüftes Produkt aus der Tür gehen lassen. Nur kennen wir eben alle möglichen Fehler, die dies verursachen würde. Die f/2-Highspeed-Filter waren nicht ohne Grund lange Zeit nicht lieferbar – aber diese Situation konnte nur entstehen, weil wir uns äußerst bemühen, NIEMALS etwas aus dieser Tür gehen zu lassen, das nicht unseren Spezifikationen entspricht. Und doch – wir sind nur Menschen. Wenn so eine Situation einmal innerhalb von 20 Jahren entsteht, rufen wir die betroffenen Filter zurück. Das ist einmal passiert - und wir wollen es nicht wieder geschehen lassen.

Und zum Abschluss Ihrer Frage:
Solange Sie unsere regulären Schmalband (6.5nm) oder die neue Familie von Ultra-Schmalbandfiltern (3.5 / 4nm) vor Ihr DSLR-Teleobjektiv (nicht Weitwinkel!) setzen, brauchen Sie sich überhaupt nicht um den Einsatz von f/2-Filtern zu kümmern. Nur wenn Sie unsere Filter in die Rückseite eines schnellen Kameraobjektivs einsetzen würden – also zwischen Kameragehäuse und Optik – dann müssten Sie sich tatsächlich für eine der f/2-Filterfamilie entscheiden. Aber beachten Sie: Im Gegensatz zur Verwendung mit Teleskopen haben die Einfallswinkel bei Kameraobjektiven eine viel stärkere Variation, dies ist auf den kurzen Backfokus und vor allem auf die Begrenzung der Objektiv- und Blendengröße zurückzuführen. Bei Vollformat-Sensoren können diese Unterschiede im Einfallswinkel von der Bildmitte zum Rand sogar die für unsere f/2 Filter zu groß werden. Seien Sie also vorsichtig bei der Verwendung von starken Weitwinkelobjektiven! Mit Teleobjektiven wird es weniger Einflüsse geben.

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