Erster Eindruck des neuen Baader Kalzium-Filters

Im Frühjahr 2022 hatte ich die Chance, meine Meinung zu ein paar Prototypen eines möglichen Nachfolgers des K-Line-Filters abzugeben. Die Kalzium-Linie (CaII) war der einzige Bereich der Sonne, den ich mit meinem Sonnen-Setup noch nicht abgedeckt hatte. Diese Linie ist tatsächlich etwas exotisch, und die passenden Filter sind nicht sehr weit verbreitet.

Den vertrauten Anblick der Weißlicht-Sonne mit Herschelkeil oder Astrosolarfolie kennt wohl jeder, der sich mit der Sonnenbeobachtung beschäftigt. Es ist der günstigste und einfachste Einstieg in die Sonnenbeobachtung – im einfachsten Fall sogar per Projektion wie mit dem Solarscope: Education (#2903405 , € 125) . Nicht nur über die Heilbronner Sternwarte kenne ich diesen Anblick auch schon seit Jahrzehnten. Insbesondere mit Monochrom-Kameras und dem seit Herbst 2022 verfügbaren verbesserten Baader 7,5nm Solar Continuum Filter (540nm) (verschiedene Versionen / Varianten erhältlich) lässt sich bei der Beobachtung der Sonnenoberfläche (der Photosphäre) im Weißlicht noch einiges mehr an Schärfe herausholen, sogar mit den eigentlich bescheidenen 80mm Öffnung, die ich meist nutze.

Testbericht: Der neue Baader SunDancer II H-Alpha Filter

Lesen Sie hier den Testbericht: Der neue Baader SunDancer II H-Alpha Filter

Mit dem Baader SunDancer II H-alpha Filter (#1363056 , € 3545) (und dem Homeoffice samt freier Zeiteinteilung, die ich als Freiberufler genieße) hatte die Sonnenbeobachtung bei mir noch einen weiteren Schub erhalten. Der 0,6Å-Filter zeigt die Chromosphäre, also quasi die Strukturen der "Hochatmosphäre" der Sonne – vor allem die Protuberanzen.

Und ein Kalzium-Filter? Er zeigt den Zwischenbereich – die Grenze zwischen Photosphäre und Chromosphäre. Hier lassen sich u.a. die Fackelnetzwerke beobachten, die der Entstehung von Sonnenflecken vorausgehen. Einen Überblick über die beobachtbaren Strukturen finden Sie auf: Welche solaren Strukturen lassen sich mit Baader-Zubehör beobachten (Kalzium) von Dipl-Ing. Wolfgang Paech.

Besonderheiten bei der Kalzium-Beobachtung

Die Sonne als Beobachtungsobjekt für Amateurastronomen

Welche solaren Strukturen lassen sich mit Baader-Zubehör beobachten?

Hochaufgelöste Bilder und ausführliche Informationen zur Sonnenbeobachtung im

Weißlicht, Kalziumlicht, H-alpha-Licht

Die Kalzium-Sonne hat ein paar Besonderheiten, wegen denen sie kein Einsteigerobjekt für Sonnenfreunde ist. Am wichtigsten: Kalzium emittiert Licht knapp unterhalb von 400 nm, also in der Grenzregion zwischen sichtbarem Licht und UV-Strahlung: Während jüngere Menschen diese Wellenlängen teilweise noch sehen können, lässt die Fähigkeit bei älteren nach. Trotzdem sollte man auf die visuelle Beobachtung tunlichst verzichten: Die Kalzium-Linie gehört schon zur UV-Strahlung, die das Auge schädigt. Ein UV/IR-Cut-Filter blendet sie aus gutem Grund bereits aus. Kalzium-Filter sind also rein fotografische Filter.

Und da die Kalziumsonne so weit am Rand des sichtbaren Spektrums leuchtet, muss die Kamera erst einmal damit zurecht kommen. Eine normale Farbkamera wie eine DSLR oder eine Spiegellose ist denkbar ungeeignet, da sie die beiden K-Linien nur mit einem Viertel ihrer Pixel (den Sensoren für Blau) beobachten kann – und bei 400nm bereits recht unempfindlich ist, nicht zuletzt dank des normalerweise eingebauten UV/IR-Sperrfilters, der Unschärfen des Objektivs im ohnehin nicht sichbaren Teil des Spektrums ausblendet. (Einige Diagramme für eine DSLR finden Sie unter: astrosurf.com) Etwas besser sind auf Vollspektrum umgebaute Kameras, bei denen zumindest die internen Filter entfernt wurden; ideal sind monochrome Kameras. In den letzten Jahren haben kleinere Mono-Kameras wie die Modelle der QHY-III-Serie an Verbreitung gewonnen, da sie auch für das Autoguiding genutzt werden können und dort eine höhere Empfindlichkeit bieten als ihre Farbversionen.

Zu guter Letzt muss auch noch die Optik passen: Nicht jedes Teleskop bildet hier noch gut ab. Spiegelteleskope sind im Vorteil; gute ED-Refraktoren und Fraunhofer mit langsamem Öffnungsverhältnis sind meist besser geeignet als lichtstarke Refraktoren.

Die Kalzium-Filter

Es gibt zwei Möglichkeiten, um die Kalzium-Sonne zu beobachten. Da wären zum einen ähnlich engbandige Filter wie bei der H-alpha-Beobachtung. Dann lassen sich sogar Protuberanzen im blauen Licht beobachten, allerdings sind die Fertigungsansprüche an das Etalon sind noch höher als bei einem H-alpha-Filter – durch die kürzere Wellenlänge muss er noch dünner sein als bei einem H-alpha-Filter. Aufgrund der extremen Ansprüche sind solche Filter selten und werden meist nur kurzfristig angeboten, wenn gerade Herstellungskapazitäten frei sind. Ihre Halbwertsbreiten liegen etwa bei 2,5Å (0,25nm) oder noch weniger.

Deutlich einfacher in Herstellung und Handhabung sind breitbandigere Filter. Der vor vielen Jahren eingeführte K-Line Filter 1¼" (gestackt) #2458355 mit 8nm Bandbreite und einer zentralen Wellenlänge von 394 nm lässt beide Linien durch. Die Fackelnetzwerke sind so bereits sehr schön zu sehen – und das zu einem Bruchteil des Preises einen Filters mit weniger als einem Viertel Nanometer Halbwertsbreite! Um das mit den bei der Markteinführung verfügbaren Techniken zu erreichen, wurden zwei Filter gegeneinander verkippt gestackt – zu dem Fertigungsaufwand kam noch ein vergleichsweise hoher mechanischer Aufwand. Wichtig: Dieser Filter muss hinter einem weiteren Sonnenfilter mit etwa ND4 eingesetzt werden und darf nicht alleine verwendet werden. Zum Lieferumfang des K-Line gehört daher ein Stück fotografischer Astrosolar-Folie ND3,8, mit denen er auch am Newton eingesetzt werden kann; wer einen Refraktor mit Herschelkeil und die entsprechenden Dämpfungsfilter besitzt, kann ihn auch hinter einem Herschelkeil verwenden.

Nun, die Technik schreitet voran, und nach den guten Erfahrungen mit den CMOS-optimierten Schmalbandfiltern ging Baader auch eine Neuauflage des K-Line-Filters an. Im Frühjahr 2022 konnte ich das erste Produktionsmuster darauf testen, wie es sich im Vergleich zum klassischen Double-Stack K-Line schlägt, und ob das Filterstacking mit seinen Nachteilen heute noch notwendig ist.

Die Kalzium-Sonne – alt gegen neu

Die Referenz für den Vergleich bildet natürlich der ursprüngliche, gestackte K-Line-Filter. Statt mit der fotografischen AstroSolar-Folie, die zum Lieferumfang des K-Line-Filters gehört, verwendete ich einen Herschelkeil als Vorfilter, bei dem der ND3 durch einen ND1,8-Filter ersetzt wurde. So waren – genau wie mit der Folie – ausreichend kurze Belichtungszeiten mit der monochromen Kamera möglich, die ich normalerweise für das Autoguiding verwende. Für den Test verwendete ich meine beiden üblichen Sonnenteleskope: Einen Celestron ED80/600 und einen Vixen 80/910Mf. Auf Guiding konnte verzichtet werden: Für den ersten Test verwendete ich eine Celestron NexStar Evolution Montierung, die die Sonne trotz einfachen Ein-Stern-Alignments gut genug nachführte – die Unterschiede der Bildgrößern stammen von der verbleibenden Drift, die bei längerer Brennweite natürlich stärker auffiel. Alle Bilder wurden in Autostackert gestackt und mit Registax geschärft.
Sowohl bei f/7,5 als auch bei f/11 zeigte der alte K-Line Double-Stack neben den auch im Weißlicht sichtbaren Sonnenflecken ein ausgedehntes Fackelnetz, das sonst verborgen bleibt. Hübsch.

Das ist also die Referenz für den künftigen Filter:

Baader K-Line Double-Stack am ED80/600 mit Baader Herschelkeil und ND 1,8 Filter.

Baader K-Line Double-Stack am ED80/600 mit Baader Herschelkeil und ND 1,8 Filter.

Baader K-Line Double-Stack am 80/910 Vixen Fraunhofer mit Baader Herschelkeil und ND 1,8 Filter.

Baader K-Line Double-Stack am 80/910 Vixen Fraunhofer mit Baader Herschelkeil und ND 1,8 Filter.


Nächster Versuch, direkt im Anschluss: Der neue Filter, der als Nachfolger auserkoren war.

Mit einer Halbwertsbreite von 5 nm ist er schmalbandiger als der 8 nm K-Line-Filter, das Bild sollte also etwas dunkler sein.

Der neue Baader K-Line Filter – Singlestack und mit moderner CMOS-optimierter Vergütung, aufgenommen mit ED80/600

Der neue Baader Kalzium GEN-II Filter – Singlestack und mit moderner CMOS-optimierter Vergütung, aufgenommen mit ED80/600

Der neue Baader K-Line Filter – Singlestack und mit moderner CMOS-optimierter Vergütung, aufgenommen mit 80/910 Fraunhofer

Der neue Baader Kalzium GEN-II Filter – Singlestack und mit moderner CMOS-optimierter Vergütung, aufgenommen mit 80/910 Fraunhofer


Das Bild ist etwas anders als im ursprünglichen Filter: Die Helligkeitsunterschiede sind nicht ganz so ausgeprägt, während alle Details weiterhin deutlich sind. Über den Tiefen-Regler in Photoshop kann man die Helligkeitsunterschiede noch etwas stärker betonen; hier war mir eine vergleichbare Bildbearbeitung wichtiger. Da nur fotografisch beobachtet wird, werden ohnehin alle Aufnahmen nach den eigenen Präferenzen bearbeitet.

Das sieht schon einmal sehr vielversprehend aus. Ein einzelner moderner Filter liefert ein Bild, das dem ursprünglichen Double-Stack sehr ähnlich ist.

Nächster Test: Zwei Filter kombinieren.

Double-Stack: Zwei Filter kombiniert.

Double-Stack: Zwei Filter kombiniert, aufgenommen mit ED80/600

Double-Stack: Zwei Filter kombiniert.

Double-Stack: Zwei Filter kombiniert, aufgenommen mit 80/910 Fraunhofer


Die zwei Filter erforderten nun eine längere Belichtungszeit – im Ergebnis ist das Bild nun wieder fast so dunkel und kontrastreich wie mit dem ursprünglichen Double-Stack. Im Vergleich mit dem einzelnen neuen Kalzium GEN-II-Filter zeigen sich aber kaum Verbesserungen, der Double-Stack bringt also außer höheren Kosten und einem dunkleren Bild keine Vorteile.

Fazit

Baader Kalzium GEN-II 1¼" mit LPFC

Baader Kalzium GEN-II 1¼" mit LPFC (#2961590 , € 285.01)

Wer sagt denn, dass alles immer teurer wird? Mit dem neuen Baader Kalzium-Filter Gen II ist es Baader gelungen, die Vorteile des alten Filters zu einem günstigeren Preis anzubieten. So ist die „blaue Sonne“ nun für mehr Beobachter zugänglich als je zuvor.

Der neue Kalzium-Filter bietet die Vorteile des alten K-Line-Filters (kontrastreiches Bild bei sogar besserer Filterung), während die Nachteile des bislang nötigen Filter-Stackings (dunkleres Bild, längere Belichtungszeiten, Gefahr von Reflexionen) verschwinden.

Der Filter ist im Gegensatz zum Solar Continuum-Filter (aber genau wie der alte, gestackte K-Line-Filter) nur in 1,25" verfügbar, aber das genügt immer noch, um in Geräten bis gut 3m Brennweite die gesamte Sonne zu beobachten. Wer die Sonne bislang im Weißlicht fotografiert, kann so vergleichsweise günstig sein "Arbeitsspektrum" erweitern und die Fackelgebiete ins Licht holen, die gerade in Amateurkreisen noch eher wenig Aufmerksamkeit erfahren.

Dabei ist man nicht auf einen Refraktor mit Herschelkeil angewiesen: Mit der fotografischen Astrosolar-Folie ND3,8 lässt sich (genau wie mit dem Solar Continuum Filter) auch ein 8“-Teleskop nutzen, egal ob ein langbrennweitiges Schmidt-Cassegrain oder ein reines Spiegelsystem wie ein Newton – die Probleme, die Refraktoren mit diesem Spektralbereich haben, werden so umgangen, und man kann die gesamte Auflösung nutzen, die Optik und Atmosphäre hergeben.
Besonders interessant dürfte der abwechselnde Einsatz eines neuen Baader 7,5nm Solar Continuum Filter (540nm) (verschiedene Versionen / Varianten erhältlich) und dem neuen Baader Kalzium GEN-II 1¼" mit LPFC (#2961590 , € 285.01) sein. Abhängig von der Kameraempfindlichkeit in den jeweiligen Wellenlängen lassen sich die Filter mit etwas Glück einfach per Filterschieber oder Filterrad austauschen, sodass zeitnah deckungsgleiche Vergleichsbilder in Weißlicht (Solar Continuum) und CaK möglich sind, ohne die Kameraausrichtung zu verstellen. Da das Stacking entfällt, passen beide auch in flache Filterfassungen und somit in gängige Filterschieber/-räder.

Bonus

Bei der Gelegenheit hatte ich übrigens auch die Chance für einen Blick hinter die Kulissen der Filterentwicklung und konnte einen Filter testen, der mich sehr beeindruckt hat: Einen 1,2nm K-Line-Filter!

Die Sonne mit 1,2nm statt 5 nm!

Die Sonne mit 1,2nm statt 5 nm!

Bei dieser Bandbreite bleibt fast nur noch das Kalzium-Licht übrig – das Fackelnetzwerk wird so noch wesentlich auffälliger!
Aber das hat seinen Preis – nämlich die wesentlich höheren Produktionskosten. Dieser Filter würde in der Serienproduktion mindestens das acht bis zehnfache eines 5nm-Kalzium-Filters kosten und wäre nur etwas für absolute Spezialisten. Allerdings zeigt er trotz der engen Bandbreite immer noch keine Protuberanzen im CaK (genauer gesagt, man kann sie nachweisen – aber schön ist etwas anderes). Da er preislich näher an einem noch engbandigeren, aber letztlich vielseitigeren beheizten SolarSpectrum (die je nach Produktionskapazität gelegentlich verfügbar sind) liegt als an einfachen Kalzium-Filtern, wird es bei einem Prototyp bleiben. Aber die Entwicklung geht weiter – ich bin gespannt, was uns in den nächsten Jahren noch erwartet.

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