Broschüre "Die Beobachtung der Sonne" – jetzt als Download

Im Jahr 1999 veröffentlichten wir die 32-seitige Broschüre Die Beobachtung der Sonne mit Geräten und Zubehör von Baader Planetarium. Schon damals produzierten wir ein vielfältiges Sortiment an Geräten zur Sonnenbeobachtung. Die Broschüre stellte nicht nur die damaligen Instrumente vor, sondern gibt auch einen umfassenden Überblick über die technischen Hintergründe der Sonnenbeobachtung. Im Prinzip war es damals unser Anliegen das Wissen des 20. Jahrhunderts über die Sonnenbeobachtung mit Amateurmitteln übersichtlich zusammen zu fassen.

Seitdem hat sich viel getan, und die Broschüre ist darüber in Vergessenheit geraten. Wir haben uns dazu entschlossen sie nun endlich als PDF wieder verfügbar zu machen – denn die Theorie ist unverändert geblieben, nur die Geräte (und die Beobachtungsbedingungen) haben sich geändert. Da unser Schwerpunkt damals auf der Theorie dahinter lag, ist sie weiterhin aktuell und interessant.

Ein weiterer Grund zur erneuten Veröffentlichung sind die ebenfalls beinahe in Vergessenheit geratenen realen Aufnahmen einer Sonnenprotuberanz – ohne jegliche Filter (bzw. mit einer durch atmosphärische Besonderheiten bewirkten Filterung). Solche Bildergebnisse waren auch für uns so unglaubwürdig, dass wir diese Bilder eines japanischen Amateurfotografen nur ein einziges Mal auf dieser Broschüre gezeigt hatten. Erst jetzt – über 20 Jahre später – berichtet ein anderer Fotograf aus Scottland von einer ähnlichen Erscheinung (siehe www.spaceweather.com). Dies hatte lebhafte Diskussionen in vielen Foren zur Folge – u.a. in diesem Beitrag auf Astronomie.de. Wir möchten folglich durch diese erneute Veröffentlichung ebenfalls einen Betrag zu der Erkenntnis leisten, dass es sich wohl tatsächlich um eine natürliche Erscheinung handeln könnte, wenn historische Berichte z.B. beschreiben, dass am Sonnenrand "Drachen" sichtbar seien oder dass die Sonne in vielen Kulturen als "Drache" dargestellt wurde. So vieles an uralten Volksmythen wird plötzlich glaubhaft – wenn man es mit eigenen Augen sieht.

Der wichtigste Unterschied zu dem japanischen Titelbild unserer Broschüre ist wohl mittlerweile die Luftqualität: Beobachtungen der Sonnenprotuberanzen mit bloßen Augen, die – wie das Titelbild beweist – noch in den 1980ern gelegentlich möglich waren, gehörten bis vor Kurzem (siehe oben) in das Reich der Legenden. Immer engbandigere Filter sind notwendig geworden, um die Chromosphäre der Sonne zu beobachten. Zum Glück sind diese Filter nun auch für Amateure immer erschwinglicher geworden und bleiben nicht nur professionellen Sternwarten mit entsprechendem Budget vorbehalten.

Die Broschüre behandelt mehrere Themenbereiche. An dieser Stelle seien noch die technischen Fortschritte der letzten 20 Jahre erwähnt:

Die Beobachtung der Sonne

Teil 1: Das Teleskop für die Sonnenbeobachtung

Hier hat sich am wenigsten geändert, auch wenn die kleinen, aber sehr hochwertigen Teleskope, wie sie Zeiss hergestellt hatte, durch günstigere Optiken verdrängt wurden, die Mängel in der Abildungsqualität durch eine größere Öffnung für das selbe Geld (weitestgehend) ausgleichen. Die wichtigste Neuerung der letzten 20 Jahre sind die vergleichsweise günstigen und guten ED-Apochromaten, die die "echten", langbrennweitigen Fraunhofer-Achromaten verdrängt haben (Die kurzbrennweitigen zweilinsigen Achromaten, die heute gerne als Fraunhofer angepriesen werden, erfüllen das Fraunhofer-Kriterium nicht – Ihr Farbsaum muss bei der Sonnenbeobachtung z.B. mit einem zusätzlichen Solar Continuum Filter unterdrückt werden).

Sowohl die C-Objektive von Zeiss als auch unsere ALLSTAR®-Teleskope sind daher nicht mehr erhältlich, aber die in diesem Kapitel beschriebenen Auswahl- und Testkriterien gelten weiterhin. Heute können wir für die anspruchsvolle Sonnenbeobachtung zum Beispiel unseren Rohrschellen und Klemmplatte nicht im LieferumfangBAADER APO 95/580 CaF2 Travel Companion BAADER APO 95/580 CaF2 Travel Companion (#2300095, € 4495,-) empfehlen, ebenso wie unsere erst vor wenigen Jahren eingeführten Triband-SCT - Multi-Purpose-Teleskop auf Schmidt-Cassegrain Basis, für Sonne und Deep SkyTriband-SCT - Multi-Purpose-Teleskop auf Schmidt-Cassegrain Basis, für Sonne und Deep Sky Triband-SCT - Multi-Purpose-Teleskop auf Schmidt-Cassegrain Basis, für Sonne und Deep Sky (verschiedene Versionen / Varianten erhältlich) mit acht bis elf Zoll Öffnung, die sich an ambitionierte und erfahrene Beobachter richten.

Teil 2: Beobachtung der Photosphäre

Wie vor 20 Jahren gilt bei der Beobachtung der Sonne im Weißlicht: Am sichersten ist es, das Sonnenlicht direkt vor dem Teleskop abzufangen. Unsere AstroSolar® Safety Folie 5.0 (ECO-size, 20x29, 100x50, 117x117cm) (verschiedene Versionen / Varianten erhältlich) erfüllt diese Aufgabe noch immer hervorragend und ist einfachen Glasfiltern weiterhin überlegen. Besonders interessant ist die Beschreibung des Schlierentests in diesem Kapitel, mit dem Sie die Qualität eines Objektivfilters selbst abschätzen können.

Tatsächlich ist die Astrosolarfolie insbesondere mit dem neuen Baader 7,5nm Solar Continuum Filter (540nm)Baader 7,5nm Solar Continuum Filter (540nm) Baader 7,5nm Solar Continuum Filter (540nm) (verschiedene Versionen / Varianten erhältlich) so gut, dass wir die Herstellung von Objektiv-Glasfiltern längst eingestellt haben – sie bieten bei der nötigen Oberflächenpräzision keinen Vorteil, der den höheren Preis und das höhere Risiko, zu Bruch zu gehen, rechtfertigen würden.

Refraktoren sind bei der Sonnenbeobachtung für die Öffnungsklasse bis etwa 20 cm immer noch die erste Wahl, da das Licht den Tubus nur einmal durchquert, es keine Fangspiegelobstruktion gibt und der Kontrast vergleichbar großen Spiegelteleskopen somit überlegen ist. Mit größeren Öffnungen werden Refraktoren für Amateure in der Regel zu unhandlich. Der beste Sonnenfilter für diese Linsenteleskope ist ein Herschelprisma, das das überschüssige Licht nach außen lenkt. Unser Baader 2" Cool-Ceramic Safety Herschelprisma Mark II (Visuell / Fotografisch)Baader 2" Cool-Ceramic Safety Herschelprisma Mark II (Visuell / Fotografisch) Baader 2" Cool-Ceramic Safety Herschelprisma Mark II (Visuell / Fotografisch) (verschiedene Versionen / Varianten erhältlich) ist in seiner neuesten Version dem damals gezeigten Modell in Sachen Streulichtunterdrückung noch einmal überlegen; die geschlossene Lichtfalle mit integriertem Sonnensucher erleichtert die Handhabung. Außerdem kann nun auch ein zusätzlicher Polfilter zur variablen Helligkeitsdämpfung fest installiert werden.

Mittlerweile aus der Mode gekommen ist die Sonnenprojektion, auch weil die dafür hervorragend geeigneten Huygens-Okulare mit unverkitteten Linsen nicht mehr in guter Qualität hergestellt werden. Moderne Okulare mit verkitteten Linsen dürfen nur mit Vorsicht verwendet werden, da sich der Kit zwischen den Linsen erhitzen und verfärben kann. Spezielle Okulare zur Sonnenprojektion können wir daher aktuell nicht empfehlen. Die Alternative zu den damals vorgestellten Sonnenprojektionsschirmen ist das – ein vollständiges und sicheres Gerät zur Sonnenprojektion.

Teil 3: Beobachtungen der Chromosphäre

Am meisten hat sich bei der Beobachtung der Sonnenoberfläche im H-alpha-Licht getan. Die damals noch recht breitbandigen Filter, mit bis zu 10 Å Durchlassbreite, lassen sich mit der heutigen Luftverschmutzung nicht mehr verwenden. Die Protuberanzenansätze, die Wolfgang Lille in eine für Amateure handhabbare Form brachte, gemeinsam mit uns produzierte und die vielen Amateuren und Volkssternwarten erstmals den Blick auf die Sonnenprotuberanzen ermöglichten, wurden durch engbandigere Filter verdrängt, die auch die Sonnenoberfläche in H-alpha zeigen. Die Filter von Zeiss und Halle/Berlin gehören der Vergangenheit an, und neben den Daystar-Filtern gibt es heute weitere Anbieter von hochwertigen H-alpha-Filtern. Unser Baader SunDancer II H-alpha FilterBaader SunDancer II H-alpha Filter Baader SunDancer II H-alpha Filter (#1363056, € 3545,-) kann an Teleskopen bis 80mm Öffnung sogar ohne weiteren Vorfilter eingesetzt werden; die Modelle von SolarSpectrum verwenden noch größere Filter, um auch an großen Teleskopen ein größeres Bildfeld zu ermöglichen.

Große Fortschritte gab es bei den Energieschutzfiltern, die vor dem Teleskop montiert wurden, um den teuren H-alpha-Filter vor der Sonnenhitze zu schützen. Der Aufwand, eine planparallele Scheibe herzustellen und zu vergüten, ist gleich geblieben. Aber statt eines einfachen Rotfilters kamen erst die C-ERF (Cool Energy Reflection Filter) und mittlerweile die dielektrisch vergüteten D-ERF Energieschutzfilter (75 - 180 mm)D-ERF Energieschutzfilter (75 - 180 mm) D-ERF Energieschutzfilter (75 - 180 mm) (verschiedene Versionen / Varianten erhältlich) , die die Sonnenenergie nicht absorbieren, sondern reflektieren. Dadurch heizen sie sich nicht auf, und es gibt keine zusätzliche Quelle für Luftturbulenzen mehr vor dem Objektiv.

Telezentrische Systeme statt Barlowlinsen sind immer noch eine Grundvoraussetzung für den Einsatz mit H-alpha-Filtern. Dieser Abschnitt ist weiterhin gültig, wobei wir mittlerweile weitere Telezentriken im Angebot haben, die nicht nur für die H-alpha-Beobachtung optimiert sind, sondern auch für die Planetenfotografie geeignet sind.

Was in der Broschüre noch fehlt

Ein Kapitel fehlt in dieser Broschüre, da es Ende das 20. Jahrhunderts für Amateure noch keine große Rolle gespielt hat: Die Sonne im Licht der Kalzium-Linien bei 393 und 396 nm. Mit einem Kalzium-Filter in Verbindung mit einem Herschelkeil oder AstroSolar-Folie sowie modernen, in diesem Bereich empfindlichen monochromen CMOS-Kameras wie sie z.B. QHY mit Kühlung und ohne Kühlung herstellt, ist dieser Bereich nun auch für Amateure ein spannendes Betätigungsfeld. Unser gestackter K-Line-Filter kam erst gut fünf Jahre nach Veröffentlichung der Broschüre auf den Markt, und sein Nachfolger, der 2023 vorgestellte Baader Kalzium GEN-II 1¼"Baader Kalzium GEN-II 1¼" Baader Kalzium GEN-II 1¼" (#2961590, € 285,-) , liefert ohne das aufwändige Filterstacking die selben Ergebnisse – und das mit allen Vorteilen unserer CMOS-optimierten Filter.

Die Gegenwart

Wir hoffen, dass diese Broschüre auch heute noch zum Verständnis der für die Sonnenbeobachtung notwendigen Technik beiträgt. Trotz des Internets findet sich einiges zu Theorie und Tests heute sonst nur in schwer zugänglicher Literatur oder versteckt in Forumsbeiträgen.

Als PDF können Sie die Broschüre hier herunterladen: Die Beobachtung der Sonne (PDF)

Übrigens: Wir haben noch einige dieser Broschüren auf Lager, die wir Ihnen für jeweils 10€ Unkostenpauschale zukommen lassen können. Bei Interesse kontaktieren Sie uns.


Über den Autor: Alexander Kerste

Alexander Kerste

Alex ist von Haus aus studierter Biologe und arbeitet als Freiberufler unter anderem als Autor, Berater und Übersetzer. Nach dem Studium und der Veröffentlichung des Kosmos Sternkarten-Sets im Jahr 2004 war er unter anderem regelmäßiger freier Mitarbeiter bei Astronomie Heute und dem Jahrbuch Der Himmel für den Spektrum-Verlag in Heidelberg. Er betreut die Einsteigerkurse auf www.Astronomie.de und ist seit 1993 ehrenamtlich auf der Heilbronner Robert-Mayer-Sternwarte aktiv. Seitdem hat er eine Reihe von Büchern veröffentlicht, über Celestron-Teleskope ebenso wie über Digiskopie und zuletzt Astrofotografie. Eines seiner Bücher über Astronomie mit dem Fernglas ist auf freebook.fernglasastronomie.de auch frei zugänglich. Außerdem betreut er Nordlicht-und-Sterne-Reisen auf der Hurtigrute – auch diese wurden in einem Reiseführer verarbeitet, die Reiseberichte gibt es auch in seinem Blog auf kerste.de.


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