Bericht zur visuellen Nutzung des Baader RGB CMOS Blaufilters

März 2021: Die Idee hinter der visuellen Verwendung von Blaufiltern aus RGB-Paletten ist, dass diese viel hohere Transmissionwerte im Blauen und steilere Kurvenflanken aufweisen als die üblichen Blaufilter, die aus der Planetenbeobachtung bekannt sind – z.B. die Wratten 80A/B/C-Filter oder auch Baaders Dunkelblau 435nm und Hellblau 470nm Filter. Ein CCD- oder CMOS-Blaufilter lässt wesentlich mehr Licht der blauen Reflexionsnebel unserer Galaxie ans Auge und filtert zugleich das Störlicht im Grünen und Gelben sehr wirksam weg.

Vergleich blaue Baader Farbfilter

Aus diesen Überlegungen heraus bat ich Baader Planetarium nach Erscheinen ihrer neuen CMOS-Filterpalette um die Ausleihe von CMOS-Blaufiltern RGB B-Filter – CMOS-optimiert (verschiedene Versionen / Varianten erhältlich) in allen visuell brauchbaren Formaten:

  • 1¼" Einschraubgewinde zur okularseitigen Anbringung,
  • 2" Einschraubgewinde für 2-Zoll-Okulare an Teleskopen sowie zur objektivseitigen Anbringung an Ferngläsern bis 45mm Öffnung, sowie
  • 65x65mm quadratisch zur objektivseitigen Anbringung an 60mm-Ferngläsern.

Ich rannte offene Türen ein, denn bei Baader bestand ein großes Interesse an den visuellen Möglichkeiten dieser Filter. Binnen weniger Tage erhielt ich ein prall gefülltes Paket.

 

Gerade bei der Pleiaden-Nebulosität setzte ich große Hoffnungen in die Blaufilter. So nutzte ich eine mondlose Nacht Ende Februar 2022, um die Filter am Merope-Nebel und Maja-Nebel miteinander zu vergleichen. Die Himmelsqualität betrug FST 5m0 – ein typischer vorstädtischer Wert. Zur Anwendung kam ein Cassegrain-Teleskop mit 180mm Öffnung und 2400mm Brennweite mit einem 2-Zoll-Filterrad vor dem Zenitspiegel.

Über die Jahre hat sich in meiner Praxis das 36mm Hyperion Aspheric 2" Okular (#2454636 , € 205,-) wegen seiner hervorragenden Transmission in Verbindung mit einem grossem Gesichtsfeld und angenehmem Einblickverhalten als die erste Wahl bei der Nebelbeobachtung heraus kristalliert. Mit diesem Okular ergab sich am Cassegrain eine Vergrößerung von 67x und ein Gesichtsfeld von knapp über 1°.

Bildquelle: Astronomischer Arbeitskreis Salzkammergut, CCD Guide 2020. Bildautor: Sebastian Voltmer.

 

Die Beobachtungen im Einzelnen (Die Beschriftungen sind von mir eingefügt. Norden ist oben, Osten links.):

-Ungefiltert: Im ganzen Bereich der Pleiaden herrscht eine visuelle Unruhe. Diese führe ich eher auf die Blendung durch die vielen hellen Sterne zurück als auf die Nebel.

-Baader UHC-S: Dieser Filter reduziert die Blendung. Nun ist im Dreieck zwischen Merope und den zwei 8mag-Sternen südwestlich (HD 23326) und südlich (HD 23512) eine Nebligkeit zu sehen, die im Bereich östlich von Alys Zopf fehlt: somit eine eindeutige Sichtung, immerhin!

-Baader CCD Blau: Nun sind der Ostrand und der Südrand (die “Haube”) des Meropenebels klarer abgesetzt als mit UHC-S. Der Westrand des Meropenebels bleibt sehr unklar. Eine schwache Ahnung des Nebels südlich von Maja kommt auf.

-Baader CMOS Blau: Jetzt ist der Meropenebel gut abgesetzt, auch nach Westen. Der Himmelshintergrund ist dunkler als mit Baader CCD Blau, gleichzeitig ist die Sterntiefe einen Hauch größer. Der Maja-Nebel ist eindeutig über ca. 4’ nach Südwesten von Maja weg zu sehen.

 

 

 

In derselben Nacht richtete ich das Teleskop auf den Running Man Nebula NGC 1973/1975/1977 im Orion:

Diese Zeichnung wurde im Januar 2020 von Mathias Sawo ohne Filter mit einem 12,5-Zoll-Teleskop bei 90x in den chilenischen Anden bei sehr guter Transparenz angefertigt, mit dem Running Man fast im Zenit. Die Beschriftungen A bis G sind von mir eingefügt. Norden ist oben-rechts, Osten oben-links.

Meine Beobachtungen mit 7 Zoll bei 67x, FST 5m0:

-Ungefiltert: Die Sterne A und B haben jeweils einen nebligen Hof nach Süden, diese Höfe sind nicht verbunden. Um Stern E (eigentlich ein Sternpaar, aber ich sehe den nördlichen Begleiter nicht) ist ein Nebelhof eindeutig auszumachen, um Sternpaar F ein Nebelhof an der Wahrnehmungsgrenze.

-Baader UHC-S: Die Nebel um A und B sind nun klarer von der Umgebung abgesetzt und verbunden. Der Nebel um E ist vorhanden, jener um F ist nicht mehr sichtbar.

-Baader CCD Blau: Der südlicher Nebelteil bei A und B ist nun verbunden und reicht fast bis Stern C. Der Nebel um E scheint einen kleinen Fortsatz Richtung Stern G zu haben und der Nebel um F ist zu sehen.

-Baader CMOS Blau: Alle Nebelteile sind nochmals besser abgesetzt im Vergleich zum Bild mit Baader CCD Blau. Der Himmelshintergrund ist dunkler. Der südliche Nebelteil reicht weiterhin bis C und dazu noch leicht über D hinaus. Der Fortsatz von E nach G ist deutlicher als mit CCD Blau.

 

Der Gewinn der Blaufilter gegenüber sowohl ungefiltert als auch gegenüber UHC-S war am Running Man Nebula in dieser Nacht erheblich. Unter den zwei Blaufiltern wiederum war der Vorteil des CMOS-Filters subtil aber deutlich. Sterne an der Wahrnehmungsgrenze waren besser zu halten, der Himmelshintergrund dunkler und das Bild insgesamt kontrastreicher. Stern B nahm mit dem CMOS-Filter eine kräftige Aquamarin-Färbung an und erschien so hell, dass er den Nebel fast schon überstrahlte – ein interessanter Effekt, der mit den anderen Filtern nicht auftrat.

Die Unterschiede zwischen den Filtern an der Pleiaden-Nebulosität waren ebenfalls deutlich. Es ist häufig zu lesen, dass ein UHC-Filter nicht bei den Reflexionsnebeln hilft. Offenbar reicht das Transmissionsfenster des Baader UHC-S jedoch weit genug ins Blaue bei gleichzeitig sehr hoher Transmission, um durchaus die Detektion der hellsten Reflexionsnebel zu ermöglichen.

 

Christopher HayHerr Hay ist ein visuell beobachtender Hobbyastronom und Ko-Autor des Beobachteratlas für Kurzentschlossene (BAfK). Unter www.freunde-der-nacht.net berichtet Herr Hay in der Rubrik “Filterexperiment – Blaufilter” über weitere erfolgreiche Beobachtungen mit dem CMOS-Blaufilter

Es waren jedoch die CCD/CMOS-Blaufilter, die einen wirklich grossen Gewinn an der Pleiaden-Nebulosität sowie am Running Man brachten. Interessant ist der weiterer Gewinn des neuen CMOS-Filters gegenüber dem alten CCD-Filter trotz sehr ähnlich aussehender Transmissionskurven. Offenbar wird die Leistungsfähigkeit eine Filters von komplexen Merkmalen bestimmt, die sich nicht einfach aus der Transmissionskurve ablesen lassen. Jedenfalls halte ich den Baader CMOS-Blaufilter für eine echte Bereicherung im Filterkoffer des visuellen Beobachters.

Christopher Hay,
64342 Seeheim-Jugenheim


 

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