Bei den OIII-Filtern sind – im Gegensatz zu H-Beta (siehe hierzu den Blog-Beitrag zum 5,5nm H-Beta-Filter) – schon lange Optionen am Markt, die über die als “visuell” vermarkteten Filter hinausgehen. Während die “visuellen” OIII-Filter mit Halbwertsbreiten von 12nm bzw. 10nm aufwarten, reichen die fotografischen OIII-Filter bis 3nm, was einen beträchtlichen Kontrastgewinn bedeutet.
Mit dem 8,5nm OIII CCD-Filter von Baader Planetarium habe ich schon in der Vergangenheit gute visuelle Erfahrungen gemacht. Als Baader im Herbst 2021 seinen O-III Narrowband-Filter (6.5nm) – CMOS-optimiert (verschiedene Versionen / Varianten erhältlich) einführte, fragte ich nach, ob ich den neuen Filter zwecks Erkundung seiner visuellen Möglichkeiten in der Beobachtung galaktischer Nebel ausleihen könnte. Zu meiner Freude erhielt ich daraufhin leihweise den gewünschten Filter in sowohl 1,25” als auch 2” Schraubfassungen.
Der Sinn der engbandigen CCD- und CMOS-Filter ist, das Signal-Rausch-Verhältnis im Foto zu verbessern. Dieser Gewinn tritt in der visuellen Beobachtung ebenso ein – besonders dort, wo es viel Rauschen gibt in Form von Lichtverschmutzung, Mondlicht oder überstrahlender Sterne im Gesichtsfeld. Im folgenden Beobachtungsbericht lege ich beispielhaft dar, wie der 6,5nm Filter genutzt werden kann, um dem Mond einen Nebelstrauß abzutrotzen.
In der Nacht des 7. Februar 2022 war die Himmelstransparenz gut, jedoch stand der Mond halbvoll im Übergang vom Widder zum Stier. Hierdurch wurde der FST-Wert auf 4m5 gedrückt, d.h. der schwächste mit blossen Augen sichtbarer Stern hatte eine Helligkeit von 4m5. Ich richtete ein 100mm Fernglas bei 23x zunächst auf den Rosettennnebel NGC 2237 im Sternbild Einhorn, nacheinander den Baader UHC-S Filter sowie drei verschiedene OIII Filtertypen paarweise in die Okulare schraubend. Die Beobachtungen im Einzelnen:

Astronomischer Arbeitskreis Salzkammergut, CCD Guide 2020. Bildautoren: Franz Klauser und Manfred Wasshuber.
-Ungefiltert: Kein Nebel zu sehen. Der direkt nordwestlich des Nebels stehende offener Sternhaufen NGC 2252 zeigt sich als glitzernde Sternverdichtung, was die sehr gute Himmelstransparenz unterstreicht.
-Baader UHC-S: Der Nebel ist nicht mit Gewissheit auszumachen. Um den zentralen Sternhaufen NGC 2244 herum herrscht zwar eine gewisse Unruhe, aber dies ist überall nordöstlich des Haufens in weitem Umfeld ebenso der Fall.
-Baader OIII 10nm Visual: Mit diesem Filter ist ein unruhiger nebliger Ring um NGC 2244 herum auszumachen. Die engere Umgebung des Haufens ist relativ dunkel. Ich kann gerade so erkennen, dass 12 Mon (ein Vordergrundstern, kein Haufenmitglied) am inneren südöstlichen Rand des Rings steht.
-Baader OIII 8,5nm CCD: Dieser Filter liefert einen erheblichen Kontrastgewinn im Vergleich zum 10nm Filter. Der Nebelring ist nun eindeutig zu sehen. Mehr noch: er hat eine 15 bis 20 Bogenminuten messende Ausbuchtung nach Südosten.
-Baader OIII 6,5nm CMOS: Beim Wechsel von 8,5nm zu 6,5nm braucht es einige Zeit, bis meine Augen an das wesentlich dunklere Bild adaptiert sind. Es lohnt sich, denn nun ist der Nebelring stark und sehr präsent. Im Ring sehe ich drei hellere Stellen, die mir nicht mit dem 8,5nm Filter aufgefallen waren.
Anschliessend schwenkte ich 15° nach Norden zum Affenkopfnebel NGC 2174, der zwar im Sternbild Orion gelegen ist aber physikalisch zur Assoziation Gemini OB1 gehört.
-Ungefiltert: Um die Himmelstransparenz abzuschätzen schaue ich zunächst nach dem offenen Sternhaufen NGC 2158, der etwa 4° nördlich des Affenkopfnebels in Gemini nahe am Sternhaufen Messier 35 steht. NGC 2158 ist eindeutig als unaufgelöste kleine Wolke auszumachen. Ja, die Transparenz ist gut! Der Affenkopfnebel ist ohne Filter nicht zu sehen. Pismis 27, ein kleiner Sternhaufen, der evolutionär mit dem Nebel zusammenhängt und an dessen nordöstlichem Rand steht, ist deutlich als kompakte Sterngruppe mit einem halben Dutzend Mitgliedern zu sehen.
-Baader UHC-S: Mit diesem Filter kann ich weiterhin den offenen Sternhaufen NGC 2158 in Gemini ausmachen. Das belegt die hohe Transmission dieses Filtertyps. Beim Hin- und Herschwenken im Zielgebiet (Field Sweeping) wird der Affenkopfnebel NGC 2174 als eine sehr schwache Nebeligkeit um den zentralen Stern HD 42088 erkennbar (7m6 visuelle Helligkeit und Hauptanregungsquelle des Nebels).
-Baader OIII 10nm Visual: Nun ist der Affenkopfnebel ganz eindeutig auszumachen und braucht kein Field Sweeping, um erkannt zu werden. Ich kann keine bestimmte Form wahrnehmen.
-Baader OIII 8,5nm CCD: Dieser Filter liefert einen Kontrastgewinn im Vergleich zum 10nm Filter. Es kommt mir vor, allerdings etwas unsicher, als könnte ich die Braue des Affen (d.h. den südwestlichen Rand des Nebels) sehen.
-Baader OIII 6,5nm CMOS: Der Wechsel von 8,5nm zu 6,5nm liefert einen erheblichen Konstrastgewinn. Bemerkenswert ist ebenfalls, dass die Sterntiefe im Vergleich zum 8,5nm-Filter kaum reduziert ist, obwohl der Himmelshintergrund sehr viel dunkler ist. Ich kann nun die Braue des Affen eindeutig sehen – sehr zufriedenstellend, dieser Filter lohnt sich!
Ich fasse zusammen, dass mit zunehmend engeren Halbwertsbreiten der OIII-Filter zunehmend mehr sichtbar wurde, und zwar in beeindruckend deutlicher Weise. Die obigen Beobachtungen fanden unter einem Himmel statt, der durch den halbvollen Mond erheblich aufgehellt war. Hieraus sollte nicht geschlossen werden, dass der 6,5nm OIII Filter nur unter eingeschränkten Bedingungen gewinnbringend ist, denn auch unter besserem Himmel habe ich diesen Filter wiederholt mit Gewinn eingesetzt.

Selbstverständlich wird es Situationen geben, in denen der 8.5nm, 10nm Filter oder auch ein 12nm OIII Filter eines Wettbewerbers von Vorteil ist. Schließlich würde auch niemand behaupten wollen, dass ein einziges Okular für alle Situationen optimal ist. Es kann jedoch gesagt werden, dass mit der Ankunft des Baader 6.5nm OIII Filters Himmelsbeobachter Zugang zu einem sehr engbandigen und zugleich erschwinglichen OIII-Filter haben, der in vielen Situationen den entscheidenden visuellen Kontrastgewinn liefert.
Mein Dank an Fa. Baader für ihr Bewusstsein der potenziellen visuellen Leistungsfähigkeit von fotografisch ausgelegeten Schmalbandfiltern, und für ihre Bereitschaft zur Leihgabe, womit es mir möglich wurde, diese Leistungsfähigkeit zu erkunden.
Christopher Hay,
64342 Seeheim-Jugenheim
Lieber Christopher,
eine wunderbare Zusammenfassung und eine kleine Offenbarung für jeden Interessierten. Filter ist nicht gleich Filter, sondern es kommt auch auf die Halbwertsbreite an. Das schilderst Du hier eindrucksvoll.
Ich wäre nie auf die Idee gekommen. Ich glaube, damit reißt Du hier Türen ein, die längst offen standen, durch die jedoch noch nie zuvor jemand gegangen ist. Ich hoffe, Deinem Beispiel folgen einige Sternfreunde, die dieses Thema ebenso faszinierend finden.
Das ist ein schönes Bild: "Turen, die längst offen standen". Wobei ich die Ankunft im letzten Herbst des neuen Baader 6,5nm OIII Filters tatsächlich als eine neue Tür auffassen würde.
Die meisten Sternfreunde, die diesen Schritt gehen, tun es in aller Stille. Es wird wohl einige Zeit dauern, bis ein Verständnis dafür einsetzt, dass die differenzierte Wahl des Filters sich nicht in "UHC, OIII oder H-Beta?" erschöpft, sondern "welcher UHC, welcher OIII und welcher H-Beta in dieser Nacht?" lauten müsste und genau so wichtig sein kann wie die ebenso differenzierte Nutzung mehrerer Okulare.