Okularprojektion - wie gut kann sie sein

Frage: Bei der Okularprojektion ist das Bild am Rand extrem unscharf. Woran kann das liegen?

Wir empfehlen für die Okularprojektion mit unseren Morpheus und Hyperion (Zoom) Okularen einen Abstand zwischen Okular und T-Ring von 40 mm an Vollformatkameras, zusätzlich zu den 55mm, die jahrzehntelang der gesetzte Abstand aller "SLR" und DSLR-Kamerakörper waren, wenn ein T-Ring vorgesetzt wurde. Nur mit einem T-Ring, der diesen Abstand einhält, funktionieren auch alte Objektive mit T-Gewinde an der Kamera. Daher hat man versucht, diesen Abstand in allen Designs zu berücksichtigen, weil nur damit sichergestellt ist dass die Schärfeleistung optimal ist. Natürlich gilt das heute alles nur noch eingeschränkt - weil der DSLR-Standard am Zugrundegehen ist und der Begriff "T-Adapter" allzu oft auf das mechanische Gewinde und nicht die korrekten Abstände reduziert wird. In unserer Broschüre zur Digiskopie haben wir daher das Auflagemaß von 55mm angegeben. Bei einer DSLR (Vollformat/APS-C) wird dieser Abstand auch mit modernen, schmalen T-Ringen in guter Näherung eingehalten, die für den Einsatz am Teleskop gedacht sind, wo oft um jeden Millimeter gefeilscht werden muss. Für Micro Fourthirds-Kameras haben wir z.B. einen speziellen Adapter, der sowohl eine Adaption mit den 55mm Standard-Auflagemaß als auch eine kurzbauende Adaption ermöglicht.

Spiegellose Systemkameras haben ein wesentlich kürzeres Auflagemaß als die vergleichsweise dicken Spiegelreflexkameras. Die verfügbaren T-Adapter sind meist für den Anschluss an Teleskope, die nicht auf ein festes Auflagemaß ausgelegt sind. Hier muss das kürzere Auflagemaß durch zusätzliche Verlängerungshülsen ausgeglichen werden.

Die Beispiel-Adaptionen in unserer Digiskopie-Broschüre gelten also für alle T-Adapter, die den T2-Standard befolgen und ein Auflagemaß von 55mm ermöglichen.

Die angegebenen Abstände von

  • mind. 40mm Distanzhülse plus 55mm Auflagemaß für Vollformat
  • mind. 30mm Distanzhülse plus 55mm Auflagemaß für APS-C
  • mind. 15mm Distanzhülse plus 55mm T-2-Auflagemaß für MFT

wurden empirisch ermittelt (Canon Vollformat, Nikon APS-C (etwas größerer Sensor als Canon APS-C), Panasonic MFT) und sind die Werte, bei denen das Bild gut aussah, also keine (störende) Verzeichnung bei der Naturfotografie mehr zu erkennen war. Dabei wurde allerdings nur das Hyperion Zoom ohne Barlow-Linse verwendet. Jahrzehntelang hatten wir prinzipiell die 40mm-Verlängerung empfohlen; mit den kleineren Sensoren sind auch kürzere Abstände möglich. Die Baulänge eines Adapterrings vom M43-Okulargewinde auf T-2 wurde dabei vernachlässigt, bzw. er wurde als Teil des Okulars angesehen.

Bei kürzeren Gesamtabständen als oben angegeben ist die Randschärfe katastrophal, auch ohne Barlow-Linse. Erst mit diesen Abständen wird das Bild so vergrößert, dass das gesamte Bildfeld des Sensors nutzbar ist.


Beim Arbeiten mit einer zusätzlichen Barlowlinse steigt die resultierende Effektivbrennweite extrem, und das System wird schwerer beherrschbar. Der dicke Linsenstapel macht das Bild auch nicht besser, und die Teleskopöffnung muss ausreichend Auflösung zur Verfügung stellen, auch bezogen auf die Pixelgröße der Kamera. Für höchste Vergrößerungen empfehlen wir daher statt der Okularprojektion in Kombination mit einer Balowlinse vielmehr den FFC, mehr dazu unten.

Was dabei leicht übersehen werden kann ist, dass je nach Kameratyp und nach Teleskop-Öffnungsverhältnis in Verbindung mit einer Barlow auch eine mehr oder weniger ausgeprägte Vignettierung unvermeidlich ist.

Wir bedauern, dass wir Ihnen in Punkto Vignettierung bei der Kombination von Okular und Barlowlinsen - für kein einziges Okular am Markt - eine verbindliche Empfehlung geben können wo eine Vigettierung nicht auftritt. Okularprojektion ist grundsätzlich ein Kompromiss und wurde seit Beginn aller Fotografie für die Planetenfotografie "erfunden", um ein kleines Objekt in der Bildmitte mit hervorragender Schärfe und sehr hoher Brennweite abbilden zu können. Durch die weitergehende Okularentwicklung konnte auch der nutzbare Bildbereich vergrößert werden - jedoch handelt es sich bei dieser Methode nach wie vor um einen Kompromiss. Wir behaupten daher keineswegs, dass Sie mit einem Okular und einer Barlowlinse perfekte Schärfe über das ganze Bildfeld erreichen können. Wir behaupten auch nicht dass Sie damit ein völlig unvignettiertes Bildfeld erzielen können!

Aus genau diesem Grund - weil es weltweit von niemandem eine Lösung gegeben hat (und auch heute nicht gibt) - haben wir 1990 Carl Zeiss-Jena gebeten, für uns eine beliebig komplexe Plano-Barlowlinse für das Mittelformat zu rechnen. Das war schlussendlich nur mit zwei zusätzlichen Kristall-Substraten aus echtem Calzium-Fluorit (nicht zu vergleichen mit simplen ED-Glas) möglich. Für die Baader-Calzium-Fluorit (FFC) Barlow - die von 4-fach bis 8-fach einen Bildkreis von 90 mm auszeichnen kann - galt damals als Berechnungsgrundlage ein Öffnungsverhältnis von 1:10 - wie es viele Refraktoren - und alle Schmidt-Cassegrain-Teleskope aufwiesen. Die 90 mm Bildkreis waren der Tatsache geschuldet, dass es seinerzeit die berühmte "PENTAX 6x7" Mittelformatkamera gab - mit 90 mm Bilddiagonale.

Bis zum heutigen Tag ist dieses FFC-Projektionslinsensystem weltweit "die schärfste aller Barlowlinsen". Und nachdem das Vollformat mit 42 mm Bilddiagonale nur weniger als die Hälfte des gelieferten 90 mm Bildkreises nutzt, funktioniert die FFC-Barlow sogar bei einem Öffnungsverhältnis von f/5 so hervorragend, dass sie sogar vor CMOS-Chips mit ~ 4my Pixelgrösse beugungsbegrenzte Schärfe liefert (wenn die Teleskopoptik und das Seeing gut genug ist). Das geschieht allerdings nur aufgrund des großen Bildabstandes so entspannt. Wenn Sie nach "Baader FFC-Barlow" suchen, dann sehen Sie dass der Bildabstand zwischen 80 bis 150 mm (oder sogar mehr) variiert werden muss. Man bezahlt also hier die hervorragende optische Leistung mit einem sehr langen mechanischen Aufbau. Ohne hervorragend stabilen Okularauszug erzeugt das ggfs nur Frustration. Anyhow - Sie werden sicher genügend Urteile finden welche bezeugen, dass es kein anderes Projektionslinsensystem mit schärferer - nicht vignettierender - Abbildung gibt.

Falls also die Fotografie mit sehr langen Brennweiten Ihr Hauptaugenmerk hat, dann müssten Sie bitte bei Ihrem Händler (falls bei uns erworben auch bei uns) das Okular nebst 2.25x Barlow gegen Aufpreis umtauschen in ein FFC-Linsensystem - zusätzlich mit der Armada von Zwischenringen, die notwendig ist, wenn man diese Projektionsmethode ohne mechanische Verwindung anwenden möchte.

4 Gedanken zu „Okularprojektion - wie gut kann sie sein“

  • K. Dahmke

    Hallo Baader Team,

    Ich habe ebenfalls eine Frage. Ich besitze eine Canon 1200d die ich per M43/T2 Adapter direkt an mein Morpheus Okular Schrauben möchte.
    Brauche ich da nun noch Zubehör? Wenn ja was. Und vor allem weshalb ;)
    Bisher habe ich die Okularprojektion nur mit einem Hyperion gemacht. Wie oben von mir beschrieben. Das ging ganz gut.

    Freundliche Grüße
    Kevin Dahmke

    Antworten
  • Markus Peissard
    Markus Peissard 27. April 2020 um 14:23

    Sehr geehrte Damen und Herren
    Ich bin an Ihrem Projektionsadapter T2/1.25'' interessiert. Als Anfänger verstehe allerdings Ihre Ausführungen zur nötigen Distanzhülse nicht ganz. Ich fotografiere mit einem Refraktor und einer Sony Alpha 7RIII (Systemkamera mit E-Mount). Für den Anschluss ans Teleskop setze ich einen M48 Adapter (william Optics) ein und ich habe für Ihre Barlowlinse einen T2 Adapter. Wenn ich nun mein Omegon 25 mm (Durchmesser 50mm) für die Fotografie zusammen mit Ihrem Projektionsadapter verwenden möchte, brauche ich noch eine Hülse?

    Vielen für Ihr Verständnis!

    Freundliche Grüsse
    Markus Peissard

    Antworten
    • Team Baader Planetarium
      Team Baader Planetarium 28. April 2020 um 16:06

      Die Abstände zwischen Sensor und Okular sind Erfahrungswerte und können je nach Okular auch etwas kürzer ausfallen. Für eine Vollformatkamera sollte er 95mm betragen, um auf der sicheren Seite zu sein. Die Sony hat 18mm Auflagemaß, die restlichen 77mm sollten Sie mit dem T-Adapter und Verlängerungshülsen überbrücken.

      Bei unserem OPFA-System wird das Okular in den Adapterhülsen "versenkt" und kann daher maximal 38mm Außendurchmesser haben. Ein Okular mit 50mm Außendurchmesser ist viel zu dick dafür.

      Da moderne Weitwinkelokulare ein großes Gehäuse benötigen, haben unsere Morpheus- und Hyperion-Okulare entsprechende Anschlussgewinde an der Augenlinse. Für Okulare mit mehr als 38mm Außendurchmesser und ohne augenseitiges Gewinde haben wir leider keine Anschlussmöglichkeit.

      Antworten
Hinterlasse eine Antwort