2 Zoll Telekompressor - Solar Spectrum

Sonnenaufnahme mit H Alpha Filter und Telekompressor

Sonne im H-alpha Licht am 21.April 2015 mit einem M1 Flare und Surgefilamentaktivität

Die 2" Solar Spectrum Shapleylinse (Telecompressor) zur Brennweitenreduzierung im Einsatz mit schmalbandigen H-alpha Filtern von SolarSpectrum und DayStar

SolarSpectrum + DayStar H-alpha Filter (ebenso alle engbandigen beheizten Filter, die eine Halbwertsbreite von kleiner 1 Angstroem haben und die okularseitig eingesetzt werden, erfordern paralleles Licht mit einem Strahlengang von mindestens f/30. Dieses wird u.a. durch eine Brennweitenverlängerung mit telezentrischen Systemen (TZS) erreicht ¹(und ggf. zusätzlich durch Abblenden des Objektivs mit einer Irisblende).
Durch die Brennweitenverlängerung ist bei vielen Teleskopen beim Einsatz von Okularen mit f = 30- bis 35 mm nicht mehr die komplette Sonne visuell sichtbar.

Abhilfe bietet der SolarSpectrum Telekompressor. Er wird okularseitig direkt hinter das H-alpha Filter montiert und reduziert die zuvor verlängerte Brennweite wieder um den nominellen Faktor 0.7-fach mit dem Ergebnis, so dass nun wieder die ganze Sonnenscheibe mit Protuberanzen visuell sichtbar ist.

¹ Wichtiger Hinweis: Telezentrische Systeme (TZS) sind nicht mit Barlowlinsen gleich zu setzen! Nur mit einem TZS entsteht ein paralleles Strahlenbündel und nur so ist eine gleichmäßige Darstellung der chromosphärischen Strukturen über das gesamte Bildfeld des Teleskops gewährleistet.

Der brennweiten verkürzende Faktor ist abhängig vom Abstand des Telekompressors zur Bildebene des Okulars oder einer Aufnahmekamera. Setzt man eine Kamera ein, kann der Abstand sehr bequem mit den T2 Zwischenringen von Baader individuell angepasst werden.

Teleskope auf parallaktischer Montierung in Baader Sternwartenkuppel

Für fotografische- oder Webcam Anwendungen dient der Telekompressor zur Anpassung der Brennweite an ggf. schlechte Seeingbedingungen und/oder Vergrößerung des Gesichtsfeldes. Alle folgenden Texte und Abbildungen beziehen sich auf fotografische Beobachtungen mit einer Webcam - also einem relativ kleinen Gesichtsfeld


Als fleissiger H-alpha Sonnenbeobachter wollte ich endlich mal genau wissen, welche Brennweiten das Baader telezentrisch (TZS-2) System solo erzeugt und welche Brennweiten sich durch den Einsatz des 2" SolarSpectrum Telecompressors erreichen lassen, ohne das die Bildqualität leidet.

Mein H-alpha Beobachtungsteleskop ist ein Astro Physics EDF Refraktor mit 155 mm Öffnung und einer Brennweite von nominell 1.085 mm (f/7), er dient hier fokal auch als Referenzbrennweite. Zur Brennweitenverlängerung wird ein Baader telezentrisches System 2-fach eingesetzt. Vor dem Objektiv sitzt die Baader Irisblende und ein Baader D-ERF Energieschutzfilter. Abgeblendet wird das Gesamtsystem je nach Beobachtung (Randprotuberanzen oder Oberfläche) auf 80- bis 95 mm. Das ergibt ein Öffnungsverhältnis von f/28 (Oberfläche) und f/23 (Randprotuberanzen).

Durch das Hochsetzen des Öffnungsverhältnis bei Protuberanzen auf f/23 wird die Halbwertsbreite des H-alpha Filters breiter und das Bild wird heller. Das ist bei mir durchaus so gewünscht, so werden sich sehr schnell bewegende Protuberanzenelemente besser erfasst.


Sonnenfleck auf verschiedenen Positionen der Sonnenoberfläche

Zur Methode der Brennweitenbestimmung

Zuerst wurden Sonnenfleckengruppen mit der Referenzbrennweite von 1.085 mm im Weißlicht aufgenommen. Anschließend wurden mit verschiedenen Abständen zwischen Shapleylinse und Aufnahmesensor avifiles mit einem Celestron SkyRis 445M Videomodul aufgenommen (je 1.500 Rohbilder, davon 12% gestackt). Im Photoshop wurden geometrische Abstände von Sonnenflecken in den fertig verarbeiteten- und geschärften Summenbilder bestimmt.

Bei der Aufnahme der Rohavis wurde die Kameraposition so ausgerichtet, dass das Bild Ost/West/Nord/Süd orientiert ist. Die Rohsummenbilder sollen zur Vermessung natürlich annähernd deckungsgleich ausgerichtet sein.

Okularklemme Zubehör von Baader Planetarium

Als praktisches Tool dazu hat sich die Baader 1¼" fokussierende Okularklemme mit T2 Innengewinde (Art. Nr. # 245 8125) erwiesen, weil man nach dem Umbau von einer T2 Kombination zu einer anderen durch die Rotationsmöglichkeit der Okularaufnahme das Videomodul blitzschnell OST/WEST ausrichen kann, ohne die Klemmschrauben zu lösen. Bei geringer Rotation und f/28 ist sogar selten eine Nachfokussierung des Bildes notwendig.


H Alpha Filter zwischen Baader Planetarium ZubehörD-ERF Filter von Baader Planetarium und Irisblende

Eingesetzt wurde mein über 30 Jahre altes DayStar University Filter mit einer Halbwertsbreite von 0.5 Angstroem. Der Filter hat allerdings vor ca. 10 Jahren neue Blockfilter und ein Upgrade zum "Quantum Modell" erfahren.

Bei diesem Modell wird die aktuelle Wellenlänge digital angezeigt und man kann über Tasten manuell - aber auch über eine Software - den Filter in 0.1 Angstroem Intervallen in den roten- oder den blauen Flügel der H-alpha Linie shiften.

Vor dem Teleskopobjektiv war ein Baader D-ERF Filter und eine Irisblende befestigt, mit der das Teleskop auf 80 mm abgeblendet wurde.


Sonnenoberfläche Sonnenflecken Aufnahme mit H Alpha Filter und D-ERF

Die Ergebnisse

In folgender Tabelle sind nun die Ergebnisse zusammen gestellt. Die Rohavis wurden am 21./28. April 2015 und am 10. Mai aufgenommen. Die Seeingbedingungen am 21.4. waren gut bis sehr gut, die am 28.4. eher "grauslich" und die am 10. Mai mittelmäßig.

Die doch noch recht gute Referenzaufnahme durch den Baader D-ERF Filter zeugt nebenbei von der hohen planparallen Qualität des Filters, siehe Abbildung rechts. Das Objektiv war bei der Aufnahme der Rohavis immer auf 80 mm abgeblendet.

tabelle

2: Bestimmt am 28. April 2015
3: Bezogen auf 80 mm Objektivöffnung
4: Mit Baader T2 Standardhülsen

Hinweis zur Zeile 28.04., Baader TZ 2 solo: Ich betreibe das Baader TZ-2 System nicht mit dem vorgeschriebenen Abstand Linsenelement/Bildebene von 200mm, sondern nur mit einem Abstand von 160mm. Daraus ergibt sich ein brennweiten verlängernder Faktor des TZ-2 von 2.1 statt von 2.0.


Fazit

Bei einem direkten Anschluss der Videokamera an die Shypleylinse ergibt sich bei meiner Anordnung ein brennweiten reduzierender Faktor von 0.66.

Durch ein Vergrößern des Abstandes zwischen Shypleylinse und Aufnahmechip kann ich den brennweiten verkürzenden Faktor bis auf "satte" 0.38 herunterbringen. Mein EDF hat dann statt 2.880 mm mit dem TZ-2 eine Brennweite von nur noch 870 mm!

Das bedeutet gleichzeitig eine massive Verkürzung der Belichtungszeiten für die Einzelbilder der Rohavis. Es geht immerhin von f/28.5 herunter auf f/11 (bezogen auf 80mm Öffnung).


Zubehör für Sonnenfotografie von Baader und Celestron

Abbildung des Gesamtsystems (von rechts nach links): Im Baader M68 Kompendium das 2-fach telezentrische System, dann das DayStar H-alpha Filter, die SolarSpectrum Shapleylinse, im Beispiel hier die T2 40mm Verlängerungshülse (altes Modell), die rotierbare,fokussierende 1¼" Okularsteckhülse und das Celestron SkyRis Videomodul 445M.

Ich habe an meinem Beobachtungstandort auf dem Dach meines Hauses selten gute Seeingbedingungen (meist nur ganz früh am morgen). Im H-alpha Bereich geht es in der Regel durch die lange Wellenlänge oft noch erstaunlich gut - aber ich bin doch froh, dass ich mein Aufnahmesystem sehr praktisch und blitzschnell den Seeingbedingungen anpassen kann. So kann ich z.B. bei der zeitlichen Abfolge eines Flares - bei gleichzeitiger Verschlechterung des Seeings - immer noch gute Bilder erzeugen.

Baader Okularauszug Bildaufnahmen Sonnenoberfläche

Bis zum Abstand von 40 mm zwischen Shapleylinde (Faktor 0.43) kann ich keine Bildverschlechterung erkennen. Das abgebildete Gesichtsfeld ist sehr viel größer, was die Aufnahme von Mosaiken sehr erleichtert.

Bei 55 mm Abstand (Hülse 40+15 mm) bin ich mit dem Fokusweg meines Okularauszuges "am Ende" (siehe Abbildung links). Denn bei größer werdendem Abstand verschiebt sich der Fokus immer weiter Richtung Objektiv. Auch die Abbildungsqualität wird - zumindes in einer Bildecke deutlich schlechter. Die Abbildung bei einem Abstand von 47,5 mm ist grenzwertig und wird nur eingesetzt, um ein möglichst großes Gesichtsfel abzubilden.


Hier nun die entsprechenden Referenzbilder:


Aufnahmen mit zusätzlichem Telekompressor von Solar Spectrum

Zum Abschluss dieses kleinen Berichts noch eine kleine Animation, die im Schleifenmodus den Abbildungsmaßstab zwischen der Primärbrennweite des EDF Refraktors und der durch die verschiedenen T2 Abstandshülsen erzeugten Bildfelder deutlicher zeigt, als die oben gezeigten Einzelbilder.

Es ist schon erstaunlich, wenn man sich die Anordnung der optischen Elemente hintereinander - telezentrisches System, H-alpha Filter, Telekompressor und Aufnahmekamera - vorstellt, dass überhaupt noch scharfe Bilder erzeugt werden.

Für mich ist jedenfalls der SolarSpectrum Telekompressor ein unentbehrliches optisches Hilfsmittel, unter wechselnden Seeinbedingungen noch gute H-alpah Bilder zu erzeugen.

- Dipl.-Ing. Wolfgang Paech, Gehrden im Juni 2015 -


Über den Autor: Wolfgang Paech

Wolfgang Paech

Dipl. Ing. Wolfgang Paech betreibt Astronomie seit nunmehr über 50 Jahren. Neben seinen zahlreichen Erfahrungen mit Sternwarten-Kuppeln aller Art sind seine Kerngebiete die Sonne und der Mond. Auf der Website www.chamaeleon-observatory-onjala.de finden Sie einen kompletten Mondatlas, aufgenommen mit seiner Standardtechnik. Aber auch in Sachen Deep-Sky und Planeten kann ihm, als langjährig erfahrenem Astrofotograf, niemand etwas vormachen.

Die 50+ Jahre Amateurastronomie mit vielen weiteren Bereichen, wie z.B. der Restaurierung historischer Amateurteleskope, Polarlichtreisen und vielem mehr sind auf seiner privaten Webseite unter www.astrotech-hannover.de aufbereitet.


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