IR-Pass Filtervergleich Planetenfotografie

Lässt sich durch eine Verschiebung der Durchlasskante des BAADER IR Passfilter bei 685 Nanometer ins tiefere Infrarot eine weitere Seeingberuhigung erreichen?

Abbildung 1

Abbildung 1

Seit einigen Jahren beschäftigt sich der Autor intensiv mit der Sonnen- Mond- und Planetenfotografie, mittels der Lucky Imaging Technik und entsprechenden Videomodulen.

Es ist schon lange kein Geheimnis, dass sich die Seeingbedingungen im spektralen, nahen Infrarotbereich gegenüber dem blauen und grünen Spektralbereich in vielen Fällen deutlich verbessern (siehe dazu auch Abb. 01). Neben der Seeingberuhigung eignet sich der tiefrote Spektralbereich auch für Mondaufnahmen am Tageshimmel bzw. um den Sonnenuntergang, wenn der Himmel noch deutlich aufgehellt ist. Wichtig, wenn man hoch aufgelöste Details der sehr schmalen Mondsichel aufnehmen möchte. Bei dieser Mondphase steht der Mond dicht in der Nähe der Sonne und meist nur knapp über dem Horizont. Tiefrote gefilterte Aufnahmen zu diesen Zeitpunkten erhöhen den Bildkontrast zwischen Mond und Himmelshintergrund, der deutlich abgedunkelt wird (siehe dazu Abb. 02 und 03). Den Rest erledigt dann die Bildverarbeitung. Grundvoraussetzung für die Tageslichtfotografie des Mondes ist eine absolut saubere und streulichtfreie Optik.

Abbildung 2

Abbildung 2

Der Autor verwendet deshalb bei der Aufnahme von Rohavifiles, bei der Mondfotografie, ausschließlich einen BAADER IR Passfilter, welcher bei ca. 685 Nanometer öffnet.

Bei einer Diskussion mit einem befreundeten Amateurastronomen kam die Frage auf, ob es sinnvoll sein könne, Filter einzusetzen, die erst jenseits der 685nm des BAADER Filters öffnen, um die Seeingbedingungen während der Aufnahme der Rohavifiles weiter zu beruhigen.

Auf dem normalen Astromarkt (serienmäßige Produkte) kommen dafür zwei Filter der Firma Astronomik in Frage. Der eine Filter öffnet bei 742nm, der zweite erst bei 807nm.

Abbildung 3

Abbildung 3

Für meinen diesjährigen Namibiaaufenthalt wurde der 742nm Filter gekauft, der 807nm Filter von einem Freund geliehen. Auf der Onjala Lodge steht das Standardaufnahmeteleskop für meine Mondbilder, ein uraltes Celestron C14, welches fokal zusammen mit einem Celestron Videomodul SkyRis 445 Mono eingesetzt wird.

Im Juli und August 2016 wurden an insgesamt 10 Abenden zu verschiedenen Mondphasen und Uhrzeiten Rohavifiles im direkten Vergleich mit den drei Filtern (BAADER 685, Astronomik 742- und 897nm) aufgenommen. Die Filter waren in einem kleinen manuellen Filterrad montiert, so dass der Filterwechsel schnell und ohne eine Bildfeldrotation durchgeführt werden konnte.

ALLE Rohavis wurden – mit Ausnahme einer Anpassung von Belichtungszeiten der Einzelbilder – mit absolut identischen Einstellungen der Steuersoftware aufgenommen. Ebenso wurden die Rohsummenbilder und die fertig bearbeiteten Bilder absolut identisch verarbeitet. Von den jeweils 1.500 Einzelbilder der Avifiles wurden jeweils 12% mit AviStack zum Rohsummenbild aufaddiert. Bildschärfung erfolgte ebenso (identisch) in AviStack, die Endverarbeitung wurde mit Photoshop durchgeführt.

Zu den Belichtungszeiten

Abbildung 4

Abbildung 4

Das eingesetzte SkyRis Videomodul hat eine relative Quanteneffektivität (Empfindlichkeit,) von ca. 80% bei 685nm, 50% bei 742nm und nur noch 40% bei 807nm (siehe Abb. 04). In der Praxis verhielten sich die Belichtungszeiten von 1:2:4
(685:742:807nm). Also wenn beim 685nm Filter die Belichtungszeit bei 1/120 Sekunde lag, dann musste mit dem 742nm Filter 1/60- und beim 807nm Filter bereits auf 1/30 Sekunde reduziert werden (bei gleicher Verstärkung der Kameraelektronik).

Eine erste Erkenntnis war: eine deutliche Nachfokussierung des C14 ist beim Wechsel zwischen den drei Filtern zwingend erforderlich. Da nur die Schmidtplatte als lichtbrechendes Element im Strahlengang dient, muss diese für die Fokusverschiebung verantwortlich sein.

Zu den Seeingbedingungen während der Testaufnahmen

Natürlich sind die Seeingbedingungen – auch in Namibia, selbst wenn sie gut sind, zeitlich nicht konstant, sondern ändern sich auch in relativ kurzen Zeitintervallen. Normalerweise ist es so, dass sich ca. 30 Minuten vor Sonnenuntergang das Seeing anfängt sich zu beruhigen, gegen Sonnenuntergang ist es meist am besten und dann bleibt es – normalerweise – für 30 bis 45 Minuten stabil und bricht dann erstmal völlig ein. Sonnenuntergang war im Juli/August ca. gegen 16:30 UT.

Abbildung 5

Abbildung 5

Zweite Erkenntnis: Weder zeigte das Lifebild auf dem Laptop - während der Aufnahmen der Rohavis - noch die endbearbeiteten Rohsummenbilder eine Verbesserung der Bildschärfe und damit ein besseres Seeing bei Verschiebung der Durchlasskante des Filters in den roten Spektralbereich (Astronomik 742/807nm) gegenüber dem BAADER IR Passfilter.

Waren die Seeingbedingungen schlecht und in kurzer Zeit stark variabel, sind die besten Rohsummenbilder statistisch zwischen den drei Filtern verteilt.

Bei relativ konstanten, besseren Seeingbedingungen ist zwischen den endverarbeiteten Bildern keinerlei Unterschied in der Bildqualität sichtbar. Abbildung 05 zeigt 1:1 Bildausschnitte von insgesamt 6 avifiles, aufgenommen in einem schmalen Zeitfenster, durch den BAADER IRPassfilter und die beiden Astronomik Filter 742 und 807nm. Bei den konstanten aber nicht besten Seeingbedingungen ist kein Vorteil der Astronomik Filter erkennbar. Abbildung 06 zeigt ein komplettes Bild, aufgenommen durch den BAADER IR Passfilter.

Abbildung 6

Abbildung 6

FAZIT: Aus meiner Sicht gibt es nach diesem ausführlichen Test keinen Grund Mondaufnahmen in tieferes IR zu verlegen. Eine weitere Seeingberuhigung wird nicht sichtbar. Der BAADER IR Pass Filter ist in meinen Augen ein optimaler Kompromiss zwischen Seeingeberuhigung und Belichtungszeit. Selbst wenn es bei sehr speziellen Seeinbedingungen eine leichte Verbesserung bei 742nm oder 807nm geben sollte, werden diese bei der Aufsummierung der Einzelbilder zum Rohsummenbild ausgemittelt.

Mit den folgenden Links können Sie sich - anhand zweier kompletter online Mondatlanten - von der hervorragenden Qualität des BAADER IR Passfilters überzeugen. Alle dort publizierten Bilder wurden durch den BAADER IR Passfilter aufgenommen.

Chamäleon Observatory Mondatlas

Chamäleon Observatory Mondatlas 2

Dipl.-Ing. Wolfgang Paech - Gehrden, September 2016

Abbildungen

Abbildung 01: 3 verschiedene Mondformationen, jeweils aufgenommen im April 2016 durch BAADER RGB- und IR Passfilter. Komplette Bildverarbeitung identisch.

Abbildung 02: Der große Mondkrater Humboldt und Petavius, aufgenommen unter fastoptimalen Librationsbedingungen am 7. Juli 2016. C14 fokal, Celestron SkyRis Videomodul 445 Mono und BAADER IR Passfilter

Abbildung 03: Unbearbeitete Rohsummenbilder des Kraters Humboldt, aufgenommen am 5. August zur Zeit des Sonnenuntergangs durch das BAADER IR Pass, und die Astronomik 742 und 807nm Filter. Mondalter 2.7 Tage.

Abbildung 04: Relative Quanteneffektivität der SkyRis 445 Mono

Abbildung 05: Vergleich BAADER IR Pass und Astronomik Filter bei konstantem Seeing. Rohavifiles aufgenommen am 7. Juli 2016. Aufnhamen ca, 30 Minuten vor Sonnenuntergang

Abbildung 06: Gesamtbild vom 7. Juli, aufgenommen durch den BAADER IR Passfilter


Über den Autor: Wolfgang Paech

Wolfgang Paech

Dipl. Ing. Wolfgang Paech betreibt Astronomie seit nunmehr über 50 Jahren. Neben seinen zahlreichen Erfahrungen mit Sternwarten-Kuppeln aller Art sind seine Kerngebiete die Sonne und der Mond. Auf der Website www.chamaeleon-observatory-onjala.de finden Sie einen kompletten Mondatlas, aufgenommen mit seiner Standardtechnik. Aber auch in Sachen Deep-Sky und Planeten kann ihm, als langjährig erfahrenem Astrofotograf, niemand etwas vormachen.

Die 50+ Jahre Amateurastronomie mit vielen weiteren Bereichen, wie z.B. der Restaurierung historischer Amateurteleskope, Polarlichtreisen und vielem mehr sind auf seiner privaten Webseite unter www.astrotech-hannover.de aufbereitet.


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